„Ein bitterer Abend“: Die NRW-CDU im Schockzustand

Wahlparty: Jürgen Rüttgers: „Ich trage die Verantwortung.“

Düsseldorf. Es sind entsetzte Gesichter, in die man am Sonntagabend bei der Wahlparty der nordrhein-westfälischen CDU in Düsseldorf schaut. Als um 18 Uhr die ersten Prognosen im Fernsehen veröffentlicht werden, ist es totenstill in der Parteizentrale unweit des Landtags. Keiner sagt einen Ton. Alle starren auf die Bildschirme. Die Parteianhänger hatten sich angesichts der letzten Umfragen auf schlechte Nachrichten eingestellt. Dass nach nur fünf Jahren sogar das Ende der Regierungsbeteiligung eingeläutet sein könnte - damit hatten aber wohl nur die wenigsten gerechnet.

Der Unterschied zu 2005 könnte nicht krasser sein. Genau an dieser Stelle, in einem Zelt im Garten der Parteizentrale, hatten sie vor fünf Jahren den historischen Sieg der CDU frenetisch gefeiert - und den Vater des Erfolges, Jürgen Rüttgers, der erster CDU-Ministerpräsident nach 39Jahren wurde. Nun sind deutlich weniger Gäste nach Düsseldorf gekommen.

Je näher die 18Uhr-Prognose rückt, desto mehr Gäste steigen von Wasser auf Bier und Rotwein um. Noch vor der Prognose zeigt sich ein CDU-Anhänger resigniert: "Es waren fünf schöne Jahre", sagt er mit einem Achselzucken. Als Rüttgers mit seiner Frau Angelika und einem Teil seiner Minister gegen 18.45Uhr ins Zelt kommt, um sich als letzter der vier Spitzenkandidaten öffentlich zum Wahlausgang zu äußern, gibt es dennoch demonstrativen Applaus für ihn.

"Das tut gut", sagt Rüttgers, und ein kurzes Lächeln huscht ihm übers Gesicht. Dann wird er ernst: "Das ist für die nordrhein-westfälische CDU und auch für mich ganz persönlich ein bitterer Abend", sagt der Landesvorsitzende. Bei ihm stehen unter anderem der bisherige Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) und CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid, der den Wahlkampf gemanagt hatte - beide mit versteinerten Mienen.

Schuld für das Ergebnis sei ein "Bündel von Ursachen", betont Rüttgers, ohne weitere Details zu nennen. Und er räumt ein: "Ich persönlich trage die politische Verantwortung, und ich will sie auch tragen." Kurze Zeit später kommt nochmals Jubel auf, als eine Hochrechnung die CDU vor der SPD sieht.

Unter den Versammelten sind die Gründe für das Ergebnis schnell gefunden. Sven Volmering, der Chef der Jungen Union in NRW, sieht eine Mischung aus bundespolitischen Aspekten und Griechenlandkrise, nennt aber auch die Sponsoring-Affäre der NRW-CDU. Auf jeden Fall habe die Bilanz von fünf Jahren Schwarz-Gelb gar keine Rolle im Wahlkampf gespielt. Dieses Thema sei völlig verdrängt worden.

Wolfgang Schulhoff, Chef des Nordrhein-Westfälischen Handwerkstages, sieht die Schuld vor allem bei der Bundesregierung. Rüttgers und der stellvertretende Ministerpräsident Andreas Pinkwart (FDP) hätten eine gute Politik für das Land gemacht. Das Problem sei gewesen, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Zügel habe schleifen lassen.

In der CDU-Zentrale leeren sich gegen 19Uhr die Reihen. Für die, die bleiben, gibt es Kuchen und Dessert - Nervennahrung für einen nervenaufreibenden Abend.