Jubel bei der SPD: „Wir sind happy“

Wahlparty: Die NRW-SPD feiert sich und die Spitzenkandidatin Hannelore Kraft.

Düsseldorf. Als der schwarze Balken um 18Uhr scheinbar ins Bodenlose rutscht, explodiert die Stimmung: "Jürgen, Jürgen, alles ist vorbei", singen mehrere Dutzend völlig begeisterter Jusos im Feierzelt der Partei. Dass auch die roten Zahlen nach unten gehen, ist egal: Schließlich liegt die SPD absolut auf Augenhöhe. Und das haben viele Jusos in ihrem politischen Leben tatsächlich noch nicht erreicht.

"Hannelore, Hannelore, Kraft, Kraft, Kraft" - lautstark rufen die Parteianhänger ihre Spitzenfrau auf die Bühne. Hannelore Kraft hat in den vergangenen Monaten einer am Boden liegenden Partei wieder eine Machtoption gegeben. Das schien noch vor sechs Monaten völlig unmöglich, umso größer ist der Adrenalinschub nun.

Kraft erlebt die erste Prognose im Kreise ihrer engsten Berater, dabei sind auch ihr Mann Udo und ihr Sohn Jan. Als die positive Tendenz klar ist, telefoniert sie schnell mit Bundesparteichef Sigmar Gabriel, trifft mit ihm die Absprache für die Botschaft des Abends: "Wir sind die Sieger, ich werde Ministerpräsidentin." Dann noch eine kurze telefonische Absprache mit der Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann. Und schon geht es raus auf die Bühne, vor die Kameras, Mikrofone und Notitzblöcke: "Schwarz-Gelb ist abgewählt. Rot-Grün wird regieren", sagt sie unter dem Jubel der Zuhörer, immer wieder übertönt von den "Kraft"-Gesängen der Jusos.

Also Jubel pur. "Das ist einfach nur super. Wir sind total happy", sagt Veith Lemmen vom Juso-Landesvorstand. Er hatte noch vor einigen Monaten seinen gar nicht so kleinen Beitrag zum Wahlkampf geleistet, als er per Video die Rumänen-Schelte von Rüttgers aufnahm.

Wer der eigentliche Star des Abends ist, sagt Karl Lauterbach, der Gesundheitsexperte der SPD im Bundestag: "Das ist ein großer persönlicher Sieg für Hannelore Kraft. Sie ist von vielen massiv unterschätzt worden. Dabei ist sie unverbraucht und kommt mit ihrer direkten Art bei den Leuten sehr gut an", betont Lauterbach.

Er ist eher dem linken Flügel der Partei zuzuordnen, im Gegensatz zu Edgar Moron, dem scheidenden Landtagsvizepräsidenten. Der ist Krafts Vorgänger im Amt des Fraktionschefs und steht auch für die Zeit der alten Männer in der SPD. "Das ist ein ganz großer Tag für die NRW-SPD", sagt er.

Doch er sagt auch etwas anderes: "Ein Bündnis mit den Linken würde die Partei zerreißen." Auch Guntram Schneider, der DGB-Chef im Landtag und Schatten-Arbeitsminister bei Kraft, gibt sich skeptisch: "Wir dürfen das Land nicht parteipolitischen Spielereien ausliefern." Denn bei den Linken müsste ein Koalitionsvertrag von der Basis abgesegnet werden.

Und das ist die große Frage nach dem offenen Ergebnis. Bei der SPD geht noch keiner darauf ein. Kraft auch nicht. Sie fährt in den Landtag, trifft in der Tiefgarage weitere Familienmitglieder, Tränen der Rührung und der Erleichterung fließen. Dann geht es wieder ins Scheinwerferlicht, die Fragen nach der Linken werden nicht konkret beantwortet. Die Zahlen sind unsicher - wie die Stimmung in der Partei.

Nur einer hat schon früh gute Laune: Michael Vesper, grüner Veteran, langjähriger Vize-Ministerpräsident und nun Generalsekretär des Nationalen Olympischen Sportbunds. "Wenn es jetzt mit Rot-Grün klappt, ist es im Gegensatz zu unserer Zeit politisch gewollt. Das hat eine Chance", betont Vesper.