Eine Powerfrau im Weißen Haus
Michelle Obama ist zweifache Mutter, Karrierejuristin und Stil-Ikone. Eines ist sie sicherlich nicht – ein Anhängsel ihres Mannes.
Washington. Michelle Obama bezeichnet sich selber gerne als Verkörperung des amerikanischen Traums. In bescheidenen Verhältnissen wuchs sie in einem Arbeiterviertel von Chicago auf, mit Fleiß und großer Intelligenz schaffte sie den Sprung an die Elite-Universität Princeton. Und nun ist die Karrierejuristin die erste afroamerikanische First Lady in der 233-jährigen Geschichte der USA.
Nicht nur deshalb sticht sie aus der langen Reihe ihrer Vorgängerinnen heraus. Michelle Obama verkörpert den Typus der modernen Karrierefrau, die Familie und Beruf in Einklang bringen muss - eine Alltagserfahrung, die sie mit immer mehr US-Bürgerinnen teilt. Schon rein äußerlich kündet der Einzug der Obamas ins Weiße Haus von einem Wechsel. Die 45 Jahre alte Michelle Obama wird von ihren Fans als Stil-Ikone verehrt, die mit ihren schlanken 1,82 Metern und ihrem Faible für sportliche Eleganz Erinnerungen an Jackie Kennedy heraufbeschwört.
Noch näher liegt aber wohl der Vergleich zu Hillary Clinton, der vorletzten First Lady. Michelle Obama hält sich politisch nicht zurück. Im Wahlkampf reiste sie als Rednerin für ihren Mann durchs ganze Land, ihre Überzeugungen trug sie engagiert und rhetorisch geschliffen vor. Michelle Obama ist kein bloßes Anhängsel ihres Mannes, politisch bilden die beiden ein Team.
Ihren Job als Krankenhausmanagerin in Chicago, in dem sie mehr Geld verdiente als ihr Mann im Washingtoner Senat, hat Michelle Obama vergangene Woche offiziell gekündigt. Ihre Erfahrungen als arbeitende Mutter zweier Töchter haben ihre politischen Ansichten geprägt, im Wahlkampf brillierte sie mit ihrem Wissen über Sozialpolitik, Gesundheitswesen und Kinderbetreuung.
"Sie wird im Weißen Haus kein Mauerblümchen sein", prophezeit Politikprofessor Leonard Steinhorn von der American University in Washington. Bereits im Wahlkampf machte Michelle Obama aber klar, dass die beiden Kinder Vorrang vor ihrer Rolle als First Lady haben werden. "Meine Töchter sind das erste, woran ich beim Aufwachsen denke, und das letzte, woran ich vor dem Einschlafen denke", sagte sie. Die kleine Sasha ist sieben, ihre Schwester Malia ist zehn.
Ihre Rolle im Weißen Haus sieht Michelle Obama darin, ihre eigenen Alltagserfahrungen, gesunden Menschenverstand und Bodenhaftung einzubringen. Dies sei umso dringlicher in einer Zeit, in der die wirtschaftlichen Sorgen der Bürger zunehmen: "Wenn man alles ausbalancieren will - die Kinder, die Schwierigkeiten ihrer Betreuung, den Gehaltsscheck, der nicht mehr so viel wert ist wie früher - dann bekommen die Leute wirklich Angst vor dem, was hier los ist", sagte Michelle Obama.