Bundestagswahl: Der Endspurt ist eingeläutet

Die CDU fürchtet Leihstimmen für die FDP. SPD und Grüne setzen auf einem gemeinsamen Erfolg.

Berlin. Leichenblass steht Rainer Brüderle auf der Bühne. Todernst guckt Philipp Rösler in die Runde. Gleich nach der ersten Hochrechnung treten sie vor die Presse. Es gebe nichts zu deuteln an der „schweren Niederlage der FDP in Bayern“, sagt Rösler. Nur: Wie wendet man so einen Schlag eine Woche vor der Bundestagswahl noch ins Positive? Die Parteimitglieder und -anhänger klatschen ihrer Führung lange zu. Wie aus Trotz. Auch die am Rande stehenden FDP-Minister applaudieren. Keiner lächelt.

Brüderle holt weit aus in die Geschichte des Liberalismus in Deutschland. „Es geht in der Tat ums Ganze“, sagt er. In Bayern habe jeder Wähler nur eine Stimme. Im Bund aber zwei. „Zweitstimme für die FDP. Das wird von heute an jeden Tag unsere Botschaft sein.“

Im Konrad-Adenauer-Haus der CDU klingt die Parole ähnlich — dort betont Generalsekretär Hermann Gröhe vor jubelnden Parteinanhängern: „Zweitstimme ist Merkelstimme!“ Soll heißen: Die FDP muss es am kommenden Sonntag aus eigener Kraft schaffen. Mit Leihstimmen beatmen will die Union ihren Koalitionspartner im Bund partout nicht. Denn man fürchtet, das eigene Ergebnis zu schmälern oder sogar den Machterhalt zu gefährden.

Bei der SPD ruft ein Genosse „Oh Gott“ aus. Da ist es gerade zu Gewissheit geworden, was alle im Willy-Brandt-Haus gern verhindert hätten: Die CSU kann in Bayern wieder allein regieren. Doch schon eine Moment später gibt es Grund zum Applaus: Mehr als 20 Prozent für die SPD. Das ist ganz achtbar, nachdem die Prognosen eher in Richtung „Projekt 18“ gedeutet hatten.

Als der Kanzlerkandidat die Bühne betritt, werden kleine Plakate mit dem Schriftzug „Peer Steinbrück“ hoch gehalten. Er genießt den Applaus und verkündet dann, „dass dies die 13. Landtagswahl hintereinander ist, bei der die schwarz-gelbe Liebesheirat aufgekündigt worden ist“. Und es gebe gute Aussichten, „dass dies in einer Woche genauso auch auf Bundesebene der Fall ist“.

Aber wie sollte das gehen? Darauf spekulieren, dass die FDP nicht in den Bundestag kommt?, wie Sigmar Gabriel sinniert. Wenn die FDP draußenbliebe, habe Rot-Grün „große Chancen“, es zu packen.

Eine gewagte These. Zwar zeigt auch diese Bayern-Wahl, dass die SPD leicht zulegen kann, aber dafür haben die Grünen an Boden verloren. Für Parteichefin Claudia Roth ist das eine bittere Erkenntnis. „Wir sind enttäuscht und haben uns mehr erwartet.“