Merkels Euro-Vorwürfe empören die SPD

Berlin (dpa) - Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl hat Kanzlerin Angela Merkel mit dem Vorwurf der Unzuverlässigkeit in der Euro-Krise bei der SPD für Empörung gesorgt.

Im letzten direkten Schlagabtausch vor der Wahl warf SPD-Kandidat Peer Steinbrück der CDU-Vorsitzenden am Dienstag im Bundestag vor, auf diese Weise „Brücken zu zerstören“. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach sogar von einer „Sauerei“. Merkel ihrerseits bezichtigte die SPD, mit ihrer Haltung zum Euro-Krisenmanagement scheinheilig zu sein.

Auslöser für den Streit ist ein Interview, das der Filmemacher Stephan Lamby für ein Doppelporträt über Merkel und Steinbrück in der ARD geführt hatte. Darin sagte die Kanzlerin wörtlich: „In der Frage der Euro-Krise ist die Sozialdemokratie total unzuverlässig. Da ist von Eurobonds, Schuldentilgungsfonds, gemeinsamer Haftung bis hin auch zum Gegenteil alles gesagt worden.“ Im Bundestag hatten SPD und Grüne die wesentlichen Euro-Rettungspakete und den europäischen Fiskalpakt mitgetragen.

In der letzten Parlamentssitzung vor der Wahl am 22. September hielt Steinbrück daraufhin der Kanzlerin vor, ihre Äußerung sei „weit mehr als eine Verirrung in diesem Wahlkampf“. „Sie müssen wissen, dass Sie damit Brücken zerstören.“ Wegen der Abweichler in den Reihen der Koalition hätte der Rettungsschirm ESM ohne die SPD im Bundestag nicht die erforderliche Mehrheit bekommen. „In manchen Fällen mussten wir Ihnen erst die Kanzlermehrheit besorgen.“

Am Dienstagabend ließ Merkel mitteilen, sie habe den Vorwurf keineswegs auf das Abstimmungsverhalten der SPD bezogen, sondern auf die „gegensätzlichen Auffassungen von Bundesregierung und SPD über Eurobonds, Schuldentilgungsfonds und gemeinschaftliche Haftung in der Euro-Zone“.

Bereits im TV-Duell hatte sich Steinbrück über die Äußerungen beschwert, die damals allerdings noch nicht im Wortlaut bekannt waren. Die Mitschrift der Aussagen liegen nun der Deutschen Presse-Agentur dpa vor. Geführt wurde das Interview bereits am 26. August. Ausgestrahlt wird das Porträt mit dem Titel „Das Duell: Merkel gegen Steinbrück“ wenige Tage vor der Wahl. In allen Umfragen liegt die SPD bislang weit hinter der Union zurück.

Noch härter ging Steinmeier mit Merkel ins Gericht. „Statt dankbar zu sein, dass Ihnen das Schicksal erspart geblieben ist, schmeißen Sie mit Dreck nach denen, die zu Europa gestanden haben, als Ihre Leute schon fluchtartig den Platz verlassen haben.“ Merkel wies die Kritik als paradox zurück. „Sie haben ja nahezu allen Programmen (...) in diesem Hause zugestimmt, die sich mit der Eurorettung befasst haben.“, sagte die Kanzlerin. „Und deshalb ist es doch gar nicht (...) sinnvoll, jetzt hier so ein Geschrei zu entfachen.“

Wie schon am Sonntagabend im Fernsehduell zog Merkel nach vier Jahren Regierungszeit mit der FDP eine zufriedene Bilanz. Steinbrück hielt dem entgegen, Schwarz-Gelb sei das „tatenloseste, zerstrittenste, rückwärtsgewandteste, aber vollmundigste Kabinett seit der Wiedervereinigung“. Nach dem Unentschieden im TV-Duell versuchte der SPD-Kandidat, mit einem kämpferischen Auftritt zu punkten.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hielt Steinbrück vor: „Sie haben eine Pannenstatistik wie ein Fiat Punto und führen sich auf, als ob Sie ein Spitzen-BMW wären.“ Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt bezichtigte Merkel der sozialen Ungerechtigkeit. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi nannte seine Partei die einzige Alternative gegen die sonstige „Konsenssoße“.