Stuttgart 21 nimmt weitere Hürde
Die Aufsichtsratsmitglieder stimmen unter hohem Druck zu.
Stuttgart. Es ist das vorläufige Ende eines beschwerlichen Hürdenlaufs: Die Bahn hat nach Parlamentsbeschlüssen, Gerichtsverfahren und Volksabstimmung mit ihrem Projekt Stuttgart 21 ein weiteres Hindernis genommen.
Der Aufsichtsrat der Bahn billigte am Dienstag in Berlin trotz Kostenexplosion den Vorschlag des Vorstands, den Finanzrahmen von 4,5 Milliarden Euro auf 6,5 Milliarden Euro zu erweitern. Damit rutscht das Vorhaben in die roten Zahlen. Dennoch folgte das Gremium der Argumentation der Bahn, dass ein Ausstieg aus Stuttgart 21 noch teurer sei als der Weiterbau.
Die Aufsichtsräte standen unter enormem politischen Druck. Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) hatten sich vor der entscheidenden Sitzung für das Vorhaben starkgemacht — trotz der absehbaren Belastungen für den Steuerzahler.
Sie dürften mit Blick auf das Desaster beim Hauptstadtflughafen und bei der Elbphilharmonie in Hamburg im Sinn gehabt haben, dass Deutschland sich mit Großprojekten nicht weiter blamieren dürfe.
Wie ein Aufsichtsratsmitglied berichtete, war vor allem auf die drei Staatssekretäre der Bundesregierung im Aufsichtsrat der Druck sehr groß. Überhaupt, so ein Insider, seien den Kontrolleuren von der Bahn vor allem Gutachten vorgelegt worden, die die Zustimmung nahelegten. Im Gremium stimmte nur ein Aufsichtsrat gegen die Vorlage.
Die Lokführergewerkschaft GdL — mit einem Sitz im Aufsichtsrat — befürchtet, dass die Beschäftigten weitere Kostenerhöhungen für Stuttgart 21 mit höherer Rationalisierung und Arbeitsverdichtung bezahlen müssten.
Doch wer denkt, dass es nun ruhiger wird, könnte sich täuschen: Denn mit dem Votum für den erhöhten Finanzrahmen hat der Aufsichtsrat auch den Vorschlag gebilligt, Ansprüche gegenüber den Projektpartnern notfalls gerichtlich durchzusetzen. Stuttgart und das Land haben der Bahn jegliche Beteiligung an Mehrkosten verweigert.