Zensus: Die Bürger zieht es aufs Land

Laut Zensus haben drei von vier Gemeinden weniger Einwohner als gedacht. Das wirkt sich finanziell aus.

Düsseldorf. Ungläubiges Staunen in vielen NRW-Kommunen: Nach den Ergebnissen des Zensus 2011 hat das bevölkerungsstärkste Bundesland rund 300 000 Einwohner weniger als bislang angenommen. Mehr als drei von vier Gemeinden in NRW sind kleiner als sie bisher dachten. „Es hat sich gezeigt, dass die Melderegister den Bevölkerungsstand nicht zuverlässig abbilden“, bilanzierte am Freitag Hans-Josef Fischer, Präsident des Statistischen Landesamtes NRW. Nach der Volkszählung 1987 waren die Statistiken fortgeschrieben worden und hatten zu einem falschen Stand geführt.

Dass der Großteil der Gemeinden kleiner als gedacht ist, hat derweil mehr als nur statistischen Wert: Mittelfristig wird sich die neue Berechnung auch auf deren Finanzen auswirken. Denn das rund drei Milliarden schwere Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) nennt die Einwohnerzahl als Hauptfaktor für die Berechnung von Zuweisungen. „Für das Jahr 2013 gibt es aber keine Anpassung mehr“, sagte eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums. Für 2014 sei man mit den Kommunen im Dialog, doch sei offen, ob die neuen Daten in die Planungen einflössen.

Auch wenn NRW auf der neuen Zahlenbasis nicht so groß wie gedacht ist, hat die Bevölkerung zwischen Eifel und Ostwestfalen seit 1987 drastisch zugelegt — um 826 000 Menschen auf rund 17,5 Millionen. Nordrhein-Westfalen liegt damit immer noch mit weitem Abstand vor den Bayern (12,4 Millionen).

Köln bleibt die einzige Millionenstadt, dahinter rangieren mit Düsseldorf, Dortmund, Essen und Duisburg mehrere Zentren mit mehr als einer halben Million. Die kleinste Gemeinde zählt nur 4196 Bewohner — Dahlem im Kreis Euskirchen. Herne hält derweil gleich zwei Rekorde: Die Stadt im Ruhrgebiet gehört nicht nur im punkto Einwohner zu den Hauptverlierern der vergangenen Jahre (von rund 174 000 auf 155 000), trotz der Abwanderung leben die Menschen dort mit mehr als 3000 Menschen pro Quadratkilometer auch so eng zusammen wie nirgendwo im Land. Zugleich spiegelt Herne einen Trend wider: Die Menschen zieht es aus den Städten in die ländlichen Regionen des Landes.

Neben der Bevölkerung analysierte der Zensus auch die Wohnsituation. Danach wuchs der Wohnraum seit 1987 um ein Viertel. Die Zahl der Wohngebäude liegt bei 3,9 Millionen (+28 Prozent), die Summe der Wohnungen wuchs auf mehr als 1,7 Millionen (+24 Prozent).