Ärger um Zentralabitur in NRW: Schulministerin Sommer steht nun ganz alleine da

Selbst aus den eigenen Reihen gibt es keine Unterstützung für die angeschlagene Ministerin.

Düsseldorf. "Ich bin es leid, immer wieder den Rücktritt von Frau Sommer zu fordern. Jetzt muss Jürgen Rüttgers handeln, oder er ist unglaubwürdig." Sylvia Löhrmann, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, reagierte mit einer Mischung aus Sarkasmus und froher Erwartungshaltung einer Oppositionspolitikerin auf die neuerliche Volte im Chaos um das Zentralabitur.

Mit der Ankündigung, die Mathe-Klausuren auf Wunsch wiederholen zu lassen, lieferte die ohnehin schon politisch angeschlagene Schulministerin Barbara Sommer (CDU) ihren Kritikern neue Munition.

SPD und Grüne hatten schnell erkannt, dass die neue Vorgabe aus der Staatskanzlei stammte. Wochenlang hatte Sommer die zweite Auflage des Zentralabiturs als Erfolgsstory verkauft - auch noch zu einem Zeitpunkt, als die Missstände schon offenbar waren.

Ganze Kurse waren an den Matheaufgaben - Stichworte "Oktaeder" (Schülerjargon: "Würfel des Grauens") und "Basketball" - gescheitert.

Sommer aber sprach immer noch von einem tollen Ergebnis, wies Kritik etwa vom rührigen Onlineportal "spickmich.de" als unwissenschaftlich und nicht fundiert zurück. Und nun die Kehrtwende. "Sommer ist erkennbar überfordert im Amt", lautete der Befund von Ex-Schulministerin Ute Schäfer (SPD).

Der Spott und die Kritik der Opposition waren gestern schrill, dröhnend aber war das Schweigen der Regierungsfraktionen CDU und FDP. Dort wird normalerweise nahezu jede zusätzliche Lehrerstelle mit einer eigenen Pressemitteilung gefeiert.

Am Montag kam keine Zeile: Sowohl CDU als auch FDP verzichteten darauf, Barbara Sommer in dieser schwierigen Situation zu stützen. Denn jedem war klar: Ministerpräsident Jürgen Rüttgers persönlich hat sich eingeschaltet, der Vorgang und die Personalie ist hochbrisant.

Es ist also nicht ausgeschlossen, dass mit dem bevorstehenden Ende des Schuljahres auch die politische Karriere der Ministerin Sommer endet. Dabei hatte die ebenso überraschend wie turbulent begonnen: Nach dem Wahlsieg im Mai 2005 suchte Rüttgers händeringend Führungspersonal, eine Personalreserve war nicht vorhanden.

Eine der letzten Entscheidungen war die zum Posten des Schulministers. Gesucht wurde eine Frau, die wegen des Regionalproporzes aus Ostwestfalen kommen musste. Die Wahl fiel auf Barbara Sommer. Die war zwar CDU-Mitglied, hatte aber als Schulrätin keinerlei politische Erfahrung.

Rüttgers selbst nannte diese Personalie einst ein "Risiko", stellte der Quereinsteigerin erfahrene und ideologisch sattelfeste Leute zur Seite, um die schwarz-gelbe Bildungspolitik durchzusetzen. Sommer verlegte sich auf die Rolle einer charmanten Verkäuferin dieser Politik, die Inhalte bestimmten andere - oft genug auch die Staatskanzlei.

Das geschah aber nie offen, immer wurde darauf geachtet, Sommer nicht zu beschädigen. Doch dieser politische Welpenschutz gehört der Vergangenheit an. Die Lösung von gestern ist eine offene Brüskierung der Ministerin.