Die Chefgehälter bleiben geheim
Das Landesgesetz zur Offenlegung der Bezüge von Sparkassen-Vorständen greift nicht. Ihm steht Bundesrecht entgegen.
Düsseldorf. Die Passage im Gesetz lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Inm Paragraf 19 Absatz 5 des neuen nordrhein-westfälischen Sparkassengesetzes heißt es Schwarz auf Weiß: "Die Bezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder sind im Geschäftsbericht der Sparkasse individualisiert auszuweisen." Also müsste seit einigen Monaten eigentlich jeder Sparkassenkunde zwischen Rhein und Weser wissen können, was der Sparkassenchef und seine Stellvertreter verdienen.
Doch das ist nicht der Fall. Kaum eine Sparkasse legt die Gehälter ihrer Top-Manager offen. Denn das Landesgesetz ist offenkundig ein eher zahnloser Tiger, weil es gegen die Bestimmungen des bundesweit gültigen Handelsrechts verstößt.
Am deutlichsten hat Lothar Heinemann, Chef der Solinger Stadtsparkasse, gesagt, was er von dem neuen Gesetz hält: nichts. "Ich werde mein Gehalt nicht offenlegen", hat er mehrfach öffentlich gesagt. Damit ist er so etwas wie die Speerspitze der Bewegung unter den Chefs der öffentlich-rechtlichen Institute. Denn deren Gehälter werden bislang fast wie Staatsgeheimnisse gehütet.
In Wuppertal, in Düsseldorf oder in Neuss - überall die gleiche Antwort: Derzeit gebe es keine Veranlassung, die Bezüge bekannt zu machen. In Wuppertal wartet die Sparkasse ab, bis rechtliche Klarheit besteht, sagte ein Sprecher. In Düsseldorf verwies man auf "laufende Prüfungen", in Neuss sieht die Sparkasse nach Auskunft des Sprechers wegen der ungeklärten rechtlichen Situation keine Notwendigkeit, die Gehälter transparent zu machen.
Es waren vor allem SPD, Grüne und CDU, die den Transparenz-Paragrafen im Gesetz haben wollten. Die FDP hat sich bei den Beratungen eben wegen der übergeordneten Bundesgesetze skeptisch gezeigt, dann aber doch mitgemacht. Angela Freimuth, finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, sieht sich in ihren damaligen Befürchtungen bestätigt. "Wir müssen jetzt sehen, wie es weitergeht. Es muss eine Regelung auf Bundesebene her", sagte sie unserer Zeitung. Sie schloss eine Bundesratsinitiative zwar nicht aus, setzt aber eher auf ein abgestimmtes Vorgehen mit dem Bundestag: "Wenn sich alle Parteien - bis auf die Linkspartei vielleicht - einig sind, müsste das zu machen sein."
Auch Gisela Walsken, Finanzexpertin der SPD im Landtag, sieht einen immensen Klärungsbedarf: "Der Gesetzgeber muss aktiv werden."
Die Frage der Chefgehälter bei den Sparkassen sind seit Jahrzehnten ein Topthema in der Kommunalpolitik. Genaues wissen nur wenige Eingeweihte, schließlich ist nur ein sehr kleiner Kreis des Sparkassenverwaltungsrates - meist besetzt mit den Vertretern der örtlichen Parteien - bei den Vertragsverhandlungen eingebunden. Klar ist nur: Die Manager verdienen deutlich mehr als die Stadtoberhäupter. Da aber die Kommunen mit dem neuen Gesetz auch formal die Eigentümer der öffentlich-rechtlichen Institute sind, birgt die Transparenz-Vorschrift eine gewisse Brisanz.
Die unklare Rechtslage und die daraus resultierende abwartende Haltung der Sparkassen bedeuten für einen weiteren Vorstoß der schwarz-gelben Koalition in Nordrhein-Westfalen einen Rückschlag. Denn erst vor wenigen Wochen haben CDU und FDP einen Antrag eingebracht mit dem Ziel, auch bei anderen öffentlich-rechtlichen Unternehmen die Vorstandsgehälter transparent zu machen. Das würde dann für Landesbetriebe wie etwa den Bau- und Liegenschaftsbetrieb ebenso zutreffen wir für all diejenigen Stadtwerke, die noch zur Mehrheit den Kommunen gehören - also die allermeisten.
Begründet wird das in dem Antrag, dass der Informationsanspruch der Öffentlichkeit bei solchen Unternehmen deutlich höher sei als bei privaten Firmen. Tatsächlich ist diese Unterscheidung zwar politisch naheliegend, juristisch aber heikel. Legen Aktiengesellschaften wie etwa die Deutsche Bank das Gehalt ihres Chefs (13,2 Millionen Euro im Jahr 2007) offen, machen sie das entweder freiwillig oder weil es Aktionäre und Aufsichtsrat so beschlossen haben. Gezwungen werden können sie bislang nicht. Und das Recht unterscheidet nicht zwischen privat und öffentlich-rechtlich.