Friedliche Demonstrationen gegen Pro-Köln-Aufmarsch
Nur wenige "Pro Köln"-Anhänger marschieren in Köln auf. Die Gegendemonstranten sind deutlich in der Überzahl.
Köln. "Köln - kein Konstantinopel" steht auf dem Schild über der Bühne zu lesen, die Aktivisten der rechten Partei "Pro Köln" am Samstag auf dem trostlosen Schotterplatz im Stadtteil Deutz aufgebaut haben. Aus den Lautspechern erklingen Schlager - deutsches Liedgut, das die wenigen Besucher auf den sogenannten Anti-Islamierungskongress der Rechten einstimmen soll.
Die städtebauliche Ödnis des Platzes am Deutzer Bahnhof und der altbackene Rechtspopulismus der Kongressveranstalter könnten zusammen einen angemessenen Rahmen für ein unbedeutendes Treffen von Polit-Sektierern bilden - wären da nicht tausende Polizisten, die Deutz an diesem Tag zu einer Festung machen.
Genau 5641 Beamte aus ganz Deutschland waren an den vergangenen Tagen in Köln zusammengezogen worden, um bei der Neuauflage des Anti-Islam-Kongresses für die Sicherheit zu sorgen. Bereits im vergangenen September hatte "Pro Köln" ein vergleichbares Treffen in der Domstadt abhalten wollen und dabei ein Fiasko erlebt: Die Polizei sagte die Kundgebung damals unmittelbar nach ihrem Beginn ab - aus Sicherheitsgründen, weil es zuvor Zusammenstöße zwischen Beamten und gewalttätigen Linksautonomen gegeben hatte.
Am Samstag hingegen bleibt es abgesehen von einigen Rangeleien zunächst ruhig, was auch am Polizeiaufgebot gelegen haben dürfte: Jedem Gegendemonstranten steht mindestens ein Polizist gegenüber. Denn die Rechten haben zwar rund 2000 Teilnehmer für ihren Kongress gegen eine angeblich drohende Islamisierung und den Bau von Großmoscheen angekündigt - es kommen am Samstag aber nur wenige Hundert.
Die Zahl der Gegendemonstranten, unter die sich auch kleinere Gruppen von Linksradikalen mischen, beziffert der Deutsche Gewerkschaftsbund auf etwa 5000, was freilich nach Einschätzung von Beobachtern deutlich zu hoch gegriffen scheint.
Rund 50 meist jungen "Pro Köln"-Gegnern gelingt es, sich am Samstagmorgen unter die Teilnehmer des Kongresses auf dem Versammlungsplatz zu mischen, während mehrere Tausend auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnhofs friedlich demonstrieren - streng abgeschirmt durch das gigantische Polizeiaufgebot. So kommt es lediglich am Ort der öffentlichen "Pro Köln"-Versammlung zur direkten Konfrontation zwischen Rechten und Linken.
Getrennt nur durch mobile Absperrgitter und unter scharfer Beobachtung durch die Ordnungshüter liefern sich Kongressteilnehmer und mit Trillerpfeifen ausgerüstete Gegendemonstranten ein Duell der Transparente: "Grundgesetz statt Scharia", lautet die Aufschrift auf einem Plakat der Rechten - "Rassisten stoppen - kein Raum für Pro Köln" steht auf Transparenten der Linken zu lesen.
Ein solches Plakat hält auch ein alte Dame mit weißem Haar den "Pro Köln"-Sympathisanten entgegen. "Ich habe die Nazi-Zeit miterlebt", sagt die 77-Jährige aus dem Kölner Arbeiterstadtteil Vingst. "Meine Eltern wurden damals aus politischen Gründen von den Nationalsozialisten verfolgt." Kopfschüttelnd schaut sie zur "Pro Köln"-Bühne hinüber und fügt hinzu: "Ich will nicht, dass diese braune Soße wieder überschwappt."
Andere Gegendemonstranten finden drastischere Worte für ihren Protest. Als einer der Kongressredner von der Bühne verkündet, multikulturell sei "kriminell", skandieren die Demonstranten: "Ekelhaft, ekelhaft" und "Ihr macht euch lächerlich". Immer wieder schallen "Nazis raus"-Rufe über den Schotterplatz. Beifall brandet unter den Gegendemonstranten auf, als am Himmel eine Propellermaschine mit einem langen Transparent "Minge Fruend es Ausländer" ("Mein Freund ist Ausländer") eine Kurve über den Kundgebungsplatz zieht. Die Protestaktion hat der AStA der Kölner Uni organisiert.
Nach rund drei Stunden und einem ebenso langen Pfeifkonzert seiner Gegner beendet "Pro Köln" die Versammlung. Ein starkes Polizeiaufgebot geleitet die Kongressteilnehmer zu einem leicht zugänglichen Gleis des Deutzer Bahnhofs. Begleitet werden die Rechten von weiteren Sprechchören und dem beißendem Spott der Gegendemonstranten. "Nieder mit der Nazipest", skandieren sie zum Abschied, und "Ihr habt den Krieg verloren." AFP