Großbanker beim „Arbeiterführer“
CDU: Josef Ackermann war Gastredner bei der NRW-Landespartei.
Düsseldorf. Es bedurfte schon ein wenig Nachhilfe, damit Stimmung aufkam: "Sie dürfen gerne noch weiter klatschen", animierte Moderator Alexander Niemetz die rund 1000 Gäste beim Zukunftskongress der NRW-CDU. Die folgten prompt und bescherten so Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, einen würdigen Einmarsch in den Kongresssaal in der Düsseldorfer Messe. Es war der erste Auftritt des Schweizers nach dem Mannesmann-Prozess. Er überstand ihn unbeschadet.
NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte Ackermann als Referenten gewonnen und damit für beträchtliches Aufsehen im Vorfeld gesorgt. Die SPD höhnte, der selbsternannte Arbeiterführer Jürgen Rüttgers zeige damit endlich sein wahres Gesicht. Doch der vermeintlich böse Kapitalist zeigte sich eher von seiner netten Seite. Ackermann sprach zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands, fand lobende Worte - "Wir müssen wieder stolz auf unser Land sein" -, setzte seine Kritik wohldosiert. Niedrige Steuern, mehr Arbeit, keine Angst vor internationalen Investmentfonds - also den "Heuschrecken" à la Müntefering - Globalisierung als Chance: Er verbreitete durchaus charmant das bekannte Credo der Großbanker, ohne mit allzu gewagten Thesen die versammelte CDU-Anhängerschaft zu verschrecken.
Die Resonanz war entsprechend freundlich, Ackermann taute auf und traute sich sogar am Ende etwas zum Mannesmann-Prozess zu sagen. "Das war ein Gau", räumte er den größten ernst zu nehmenden Kommunikationsunfall ein. Da hatte man gleich wieder die Bilder des feixenden Bankers mit dem Victory-Zeichens vor Augen. Doch das wischte Ackermann gleich wieder weg. "Die Sache hatte auch etwas Gutes. Mein Bekanntheitsgrad liegt bei 58 Prozent, weit vor der Konkurrenz." Sein Selbstbewusstsein ist also wieder intakt.
Immerhin hatte er bei seiner Analyse der Weltwirtschaft ("Ich war gerade zweieinhalb Wochen in Asien und habe mit allen Präsidenten gesprochen") auch einige Bonbons für Rüttgers mitgebracht. Dessen Anstrengungen zum Subventionsabbau und zur Hochschulautonomie seien vorbildlich und würden dazu beitragen, Nordrhein-Westfalen im bundesweiten Vergleich wieder nach vorne zu bringen.
Der Auftritt von Josef Ackermann bei der NRW-CDU hat in zweierlei Hinsicht Bedeutung. Zum einen ist es ein deutliches Signal dafür, dass der höchst umstrittene Deutsch-Banker aus der Schweiz wieder salonfähig ist. Auch aus den Reihen der CDU ist er noch vor wenigen Monaten scharf kritisiert worden und diente als abschreckendes Beispiel für den Moralverfall in der Wirtschaft. Davon wollte gestern keiner mehr etwas wissen. Der Beifall war zwar nicht rauschend, aber immerhin höflich.
Jürgen Rüttgers hat wiederum Ackermann eingeladen, um deutlich zu machen, dass er trotz aller Sozialstaatsrhetorik den Wirtschaftsflügel seiner Partei keinesfalls vernachlässigt. Dort gab es zuletzt halblautes Gegrummel darüber, dass sich der Ministerpräsident öffentlich um das Wohl von Hartz IV-Empfängern, weniger aber um das Wohl der Wirtschaft sorgte. Seit dem angekündigten Abgang von Friedrich Merz gibt es für diese Position in der CDU eine Leerstelle. Die will und kann Rüttgers nicht ausfüllen. Aber er hat deutlich signalisiert, auf diesem Ohr nicht taub zu sein.