Vermittlungsausschuss Grundgesetz und Digitalpakt - Wenn Gegensätze aufeinander prallen
Berlin. · Soll das Grundgesetz zugunsten des Digitalpakts geändert werden? Bund und Länder müssen sich ab Mittwoch im Vermittlungsausschuss einigen.
16 Ministerpräsidenten werden am Mittwochabend 16 Abgesandten des Bundestages gegenübersitzen. Man wird sich, wenn auch in gesitteter Form, Vorwürfe um die Ohren hauen. Worte wie „Eingriff in unsere Bildungshoheit“ werden zu hören sein – und dann wird um Geld gepokert. Erstmals in dieser Legislaturperiode tritt der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag zusammen.
Gegenstand ist die vom Bundestag geforderte Aufhebung des „Kooperationsverbotes“ im Grundgesetz. Das untersagt es dem Bund, den Ländern mit Geldzuwendungen in ihren Hoheitsbereich Bildung hineinzufunken. Es wurde 2006 in die Verfassung geschrieben, nachdem der Bund mit Milliarden für den Ganztagsschulausbau nach Ansicht der Länder übergriffig geworden war.
Jetzt geht es um ein ähnlich großes Projekt: Den Digitalpakt. Mit fünf Milliarden Euro Bundesgeld sollen die Schulen mit Computern ausgestattet werden. Doch weil die entsprechende Grundgesetzänderung im Dezember im Bundesrat scheiterte, konnte es nicht wie geplant zum Jahresbeginn losgehen.
Die FDP hat schon Ideen für weitere Großprojekte: Zum Beispiel eine Offensive für die naturwissenschaftlichen Fächer. Eine weitere für die berufliche Bildung. Man wolle, so FDP-Bildungspolitikerin Katja Suding am Montag, einheitliche Bildungsstandards in ganz Deutschland schaffen. Für eingefleischte Anhänger des Bildungsföderalismus wie Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann sind das Horrorvisionen: „Dieser Gesetzentwurf ist nichts anderes als süßes Gift für die Länder und damit gefährlich“, sagte Kretschmann im letzten Jahr.
Seine eigene Partei sieht das freilich anders. Es handele sich um eine „moderne Form der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern“, so Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Kretschmann nimmt in der Runde der Ministerpräsidenten die härteste Position ein – dicht gefolgt von NRW-Regierungschef Armin Laschet, der allerdings eine durchaus reformwillige Landes-FDP in der Regierung sitzen hat.
Den meisten Länderchefs gehen die Vorschriften zu weit
Dass die Gegensätze aber mehr finanzieller als ideologischer Natur sind, zeigt die Tatsache, dass im Bundestag mit Ausnahme der AfD alle Parteien dafür stimmten. Inklusive der jeweiligen Parteispitzen, während alle Länder ebenso geschlossen dagegen votierten.
Die meisten Länderchefs sind jedoch nicht fundamental gegen eine Lockerung. Ihnen geht zu weit, dass die neue Grundgesetz-Regelung sehr stark vorschreibt, wie die Gelder verwendet werden müssen. Außerdem sollen die Bundesgelder bei künftigen Projekten nur fließen, wenn Mittel in gleicher Höhe von den Ländern dazukommt. Was ärmere Länder vor Probleme stellen und somit benachteiligen könnte.
Im Bund befürchtet man jedoch, dass ohne eine solche Vorschrift das Geld in den Landeshaushalten versickern würde. Als abschreckendes Beispiel gilt die Übernahme der gesamten Bafög-Kosten seit dem Jahr 2015 durch den Bund, mit der die Länder um 1,1 Milliarden Euro jährlich entlastet wurden. Doch dieses Geld kam nicht in gleicher Höhe in den Schulen an.
Der Druck auf die Verhandler ist groß. Wahrscheinlich wird es Bewegung bei der 50-zu-50-Regelung geben, aber bei der prinzipiellen Aufhebung des Kooperationsverbotes bleiben. Die Bundesseite wünscht sich eine Einigung bis Ende Februar, damit der Digitalpakt noch in diesem Jahr wirken kann. Viele Rektoren träumen nämlich schon von Smartboards in allen Klassenräumen. Und zwar länder- und parteiübergreifend.