Innenminister Jäger: Angreifer in Verteidigungshaltung

Hooligan-Gewalt, Skandale in Flüchtlingsheimen, Fußball-Randale, Salafisten — Ralf Jäger steht unter Druck.

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Düsseldorf. Ralf Jäger — der Name steht für Angriff und entschiedenes Zupacken. Man kennt den NRW-Innenminister als Erfinder des Blitzmarathons, der flächendeckend durchgeführten Geschwindigkeitsmessung. Der SPD-Politiker ist bekannt als Organisator großflächiger Polizeikontrollen, um reisenden Einbrecherbanden auf die Schliche zu kommen. Und man nannte ihn auch schon mal „Jäger 90“ — nach dem Kampfflugzeug. Weil er in seiner früheren Rolle als Oppositionspolitiker durchaus angriffslustig auftrat.

Doch immer häufiger muss Jäger eine Verteidigungshaltung einnehmen. Er, der eigentlich eine feste Säule in der von seiner Parteifreundin Hannelore Kraft geführten Landesregierung ist, wird von einer Reihe von Pannen und Skandalen überrollt, für die er und sein Haus verantwortlich gemacht werden.

Da sind die Hooligan-Exzesse von Köln und die Missstände in den Flüchtlingsunterkünften. Und Gewaltausbrüche am Rande von Fußballspielen, für die von Kritikern auch Jägers Strategie verantwortlich gemacht wird. Hat er doch die Polizeipräsenz bei sogenannten Nicht-Risiko-Spielen reduziert.

Die trotz leicht rückläufiger Zahlen weiter hohen Einbruchszahlen im Land beunruhigen die Menschen. Ebenso wie das Problem gewaltbereiter Islamisten — sei es die unter großer Aufmerksamkeit in Wuppertal aufgetretene Scharia-Polizei oder die in NRW anwachsende Salafisten-Szene.

„Unter Innenminister Jäger hat sich Nordrhein-Westfalen zum Rückzugsraum und zur Wohlfühlzone für gewaltbereite Salafisten entwickelt“, sagt Theo Kruse, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Und für die FDP ist Jäger gar „ein Sicherheitsrisiko für unser Land“, wie es der Landtagsfraktionsvize Joachim Stamp kürzlich formulierte. „Es sind nicht nur die Flüchtlinge, die in seiner Obhut Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden sind, sondern auch alle Bürger in NRW, die durch sein wenig planvolles Vorgehen bei den elementarsten Sicherheitsfragen gefährdet werden.“

In der Landtagsdebatte am Mittwoch zu den Gewaltexzessen von Hooligans und Rechtsextremen in Köln räumte Jäger ein: „Die verletzten Beamtinnen und Beamten, die erschreckenden Bilder der Krawalle — das war für uns kein Erfolg.“

Auch der Innenausschuss des Bundestages will sich demnächst mit den Vorfällen von Köln befassen. Jäger soll am 15. Dezember in Berlin erklären, wie es zu der Gewaltorgie kommen konnte, bei der 49 Polizisten verletzt worden waren.

CDU-Landtags-Fraktionschef Armin Laschet wirft Jäger Organisationsversagen vor. In NRW sei es zur größten rechtsradikalen Gewaltdemonstration gekommen, die Deutschland seit langer Zeit gesehen habe. Statt alle Mittel des Rechtsstaates auszuschöpfen, Verbote oder Auflagen zu prüfen, sei Jäger im Vorfeld untätig geblieben und habe den Polizei-Einsatz im Nachhinein auch noch als Erfolg verkauft — nach dem Motto: „Alles im Griff, alles gewusst, wir konnten nichts verhindern.“

Zu einer klaren Rücktrittsaufforderung durch den Oppositionsführer reicht all das aus dessen Sicht aber offenbar noch nicht. Weshalb er eine etwas verschwurbelte Formulierung wählte, als er Ministerpräsidentin Hannelore Kraft aufforderte: „Ihr Innenminister ist nicht länger in dieser Form zu decken.“