Jetzt spricht die Basis: Von den Linken lassen wir uns nicht jagen

Die gequälte Seele der Partei sitzt in den Ortsvereinen. Leidensfähige Genossen aus der Region berichten.

Düsseldorf. Die Zeiten sind hart für die Genossen - gerade für die an der Basis. "Die SPD wird immer als ein Ganzes wahrgenommen. Da differenziert niemand zwischen Bund, Land und Kommune", erzählt Frank Meyer, SPD-Ratsherr aus Krefeld. W enn Andrea Ypsilanti mit der Linken flirtet, wenn Kurt Beck Verwirrung stiftet, wenn sich Dagmar Metzger querstellt - die Genossen an der Basis sitzen immer mit im Boot. "Natürlich wird man auf so etwas angesprochen", sagt Lilo Friedrich, Ex-Bundestagsabgeordnete aus Monheim. Und natürlich macht sich die Basis so ihre eigenen Gedanken.

Die hessische Katastrophe

"Das Wahlergebnis war doch keine Überraschung. Es war klar, dass es für Rot-Grün nicht reichen wird. Dann vorher solche Aussagen zur Linkspartei zu machen, ist völlig absurd." Frank Meyer macht das Chaos in Hessen richtig sauer. Auch das Verhalten der Genossin Metzger kann die Basis nicht verstehen: "Ich rechne es Dagmar Metzger hoch an, dass sie es vorher gesagt hat - anders als damals bei Heide Simonis. Aber dann hört mein Verständnis auch schon auf", sagt Lilo Friedrich. Das große Wort von der "Gewissensentscheidung" nimmt sie Metzger nicht ab: "Hinter dem Begriff versteckt sie sich nur." Der viel zitierte "Wortbruch" erntet bei den Genossen schon ein genervtes Stöhnen: "Wortbruch ist ein abschließendes Werturteil. Das finde ich dafür nicht angemessen", meint Frank Meyer.

Wie halten wir’s mit der Linkspartei?

"Das Problem bei denen ist, dass man nie weiß, mit welchen Leuten man es zu tun hat", meint Thomas Kring, SPD-Ratsherr in Wuppertal. "Da sind gewendete SED-Leute, Ex-Sozialdemokraten, Globalisierungskritiker, Gewerkschaftler, alte DKP-Kader. Mit Letztgenannten verbietet sich jede Zusammenarbeit." In dem Punkt sind sich alle einig. "Aber die Linke in die Schmuddelecke zu stellen, das bringt nichts", sagt Lilo Friedrich. "Wir müssen sie entzaubern." Ein Begriff, der im Zusammenhang mit der neuen Konkurrenz von Links immer wieder fällt. "In Berlin hat es doch geklappt", sagt Kring. "Nach einer Legislaturperiode in der Koalition hat sich ihr Wahlergebnis fast halbiert." Entzauberung durch Regierungsverantwortung - kann das klappen? Die Basis will sich da noch nicht festlegen. "Klar ist: Wir dürfen uns nicht von den Linken jagen lassen", meint Friedrich. "Wir müssen den Menschen klar machen: Die Welt, die die Linken euch vorgaukeln, die gibt es nicht mehr." Frank Meyer ergänzt: "Die Agenda-Reformen unter Rot-Grün zum Beispiel waren doch notwendig, um Deutschland zukunftsfähig zu machen. Was die Linke will, ist nicht finanzierbar."

Wer begeistert sich für Kurt Beck?

Sympathien hat er bei der Basis noch immer, der Parteivorsitzende. "Der Kurt Beck muss für alles seinen Kopf hinhalten - aber dafür ist er ja auch da", meint Meyer. Aber mit Begeisterung spricht hier niemand von Kurt Beck. Franz Müntefering, Gerhard Schröder, ja sogar Peer Steinbrück - jeder hier kann sich an Reden erinnern, die ihn bewegten. Eine Rede des aktuellen Vorsitzenden ist nicht dabei. Und einer, der Kanzlerkandidat werden könnte? "Steinbrück weiß nichts von den Sorgen des kleinen Mannes", meint Lilo Friedrich. Steinmeier sei zu kühl, ein "Apparatschik", heißt es. Wer bleibt da noch? Der SPD fehlt ein Kopf mit Charisma, so der ernüchternde Befund.

Vorwärts, und vergessen...

Von Fatalismus ist an der Basis trotzdem nichts zu spüren. Sie können noch lachen, die Sozialdemokraten, und sie sind zuversichtlich. "Der Sturm ist vorüber", glaubt Frank Meyer. Abhaken und weitermachen sei die Devise. Zumindest zur Landtagswahl 2010 glauben alle an einen Erfolg der SPD. "Die Politik von CDU und FDP ist doch katastrophal", sagt Thomas Kring. Die SPD müsse wieder stärkste Partei in NRW werden - und die Linke möglichst schon vor der Wahl entlarvt.