Komplette Kurse müssen in die Abi-Nachprüfung

Nach Bekanntgabe der Noten zeigt sich erst jetzt das ganze Ausmaß der Pannen beim NRW-Zentralabitur.

Düsseldorf. Zu schwierig, zu umfangreich, zu fehlerhaft: Seit am 7. April die Phase der Abitur-Klausuren in Nordrhein-Westfalen begann, häufen sich die Beschwerden von Schülern und Lehrern über die Aufgaben der Landesregierung.

Doch erst jetzt wird die ganze Dimension des Debakels deutlich. Wie eine Umfrage des Schüler-Internetforums "spickmich.de" unter 20 000 Abiturienten ergab, müssen in mindestens drei Schulen komplette Mathematikkurse zur mündlichen Nachprüfung antreten. Grund: Niemand war mit der Aufgabenstellung zurechtgekommen.

"Im Landesschnitt muss fast die Hälfte der Schüler im Fach Mathematik in die Abweichprüfung", sagte gestern "spickmich"-Chef Bernd Dicks unserer Zeitung. "Das Ausmaß des Pfuschs ist erschütternd." Es sei nicht hinzunehmen, dass Abiturienten den Numerus-Clausus ihres Wunschstudiengangs nun nicht mehr erreichten, weil sie die Fehler des Ministeriums ausbaden müssten.

Die Landesschülervertretung fordert von der Landesregierung, dass Betroffene im Fach Mathematik nachträglich eine Anhebung der Noten beantragen können. Mittlerweile geraten neben Mathematik auch andere Fächer in die Kritik, etwa Erdkunde, Pädagogik und Geschichte. "Es gab bei diesen Prüfungen viele handwerkliche Fehler", sagte Peter Silbernagel vom NRW-Philologenverband unserer Zeitung.

Das bestätigte auch der Bonner Mathe-Professor Peter Koepke, der eine der Aufgaben im Auftrag eines Gymnasiums durchrechnete. Ergebnis: Sie sei "wesentlich unvollständig" und "falsch gestellt" worden.

Das Schulministerium wies alle Vorwürfe der Fehlerhaftigkeit zurück. "Die Forderung nach geänderten Bewertungsmaßstäben für alle Arbeiten stößt nicht nur im Ministerium, sondern auch an den Schulen auf Unverständnis", konterte Schulministerin Barbara Sommer (CDU).