Kostenlose Kitas für arme Kinder?

Die Ausgrenzung der Familien, die auf das Arbeitslosengeld II angewiesen seien, schlage voll bei den Bildungschancen für die Kindern durch. Die Politik soll in NRW Milliarden bereit stellen.

Düsseldorf. Die Sozial- und Wohlfahrtsverbände fordern kostenfreie Kindertagesstätten, kostenloses Mittagessen in Ganztagsschulen sowie die Kostenübernahme für die Mitgliedschaft in Sportvereinen für Kinder aus armen Haushalten. Damit reagieren sie auf den jüngsten Sozialbericht der schwarz-gelben Landesregierung. Der belegt, dass in Nordrhein-Westfalen jedes vierte Kind in Armut aufwächst - also rund 800 000 Kinder. "Wer in der Schule nicht am Essen teilnehmen kann, nimmt auch an den Bildungsangeboten nicht teil", sagte Paul Saatkamp, Chef der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Niederrhein. Die Ausgrenzung der Familien, die auf das Arbeitslosengeld II angewiesen seien, schlage voll bei den Bildungschancen für die Kindern durch. Am Ende stehe häufig eine generationenübergreifende Karriere im staatlichen Unterstützungssystem. Die Vorschläge der Verbände summieren sich nach deren Berechnungen auf rund 5,1 Milliarden Euro bundesweit - auf NRW bezogen wären es rund eine Milliarde Euro. Zudem fordern die Verbände, die Grundsicherung für Kinder auf 300 Euro pro Monat anzuheben. Derzeit liegt der Regelsatz nach Hartz IV bei 207 Euro. Hier werden beispielsweise für das Mittagessen der Kleinen pro Tag 98 Cent als ausreichend angenommen. "Das ist natürlich viel zu wenig", so Dieter Greese, Landeschef des Kinderschutzbundes. Scharfe Kritik übten die Verbände am geplanten Kinderbildungsgesetz (Kibiz), das heute im schwarz-gelben NRW-Kabinett verabschiedet werden soll. "Die Landesregierung ist klar hinter unsere Verabredungen zurückgefallen", sagte Cord Wellhausen, Landeschef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. "Wir brauchen eine deutliche höhere Betreuungsquote", so Wellhausen. So werde die betreuungsintensive kleine Kindergartengruppe abgeschafft. Stattdessen gäbe es künftig nur noch Großgruppen mit lediglich zwei Betreuungspersonen, von denen auch nur eine eine ausgebildete Erzieherin sein müsse.

Den nächsten Sozialbericht gibt es erst nach der Landtagswahl

Generationenminister Armin Laschet (CDU) hatte angekündigt, noch einmal das Gespräch mit den Verbänden zu suchen. Auf welcher Grundlage das geschehen soll, ist den Verbänden nach eigenes Aussage hingegen nicht bekannt. Der umstrittene Gesetzesentwurf jedenfalls soll in den kommenden Wochen in den Landtag eingebracht werden. Den nächsten Sozialbericht für NRW wird es übrigens erst nach der Landtagswahl 2010 geben. Auch daran übten die Verbände Kritik.

"Man kann sagen, dass wir die Kinder, die wir haben, nicht wollen. Und die Kinder, die wir wollen, bekommen wir nicht", lautete das bittere Fazit von Paul Saatkamp.