Kraftwerk Datteln: Ruine oder grünes Licht

Rot-Grün sucht einen Weg, das Projekt zu genehmigen. Doch das gefährdet Klimaziele.

Datteln. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie werden dringend Ersatzkraftwerke gebraucht. In Nordrhein-Westfalen könnte Europas größter Steinkohle-Monoblock mit 1.055 Megawatt Leistung die Not lindern. Doch die Vollendung des Kohleriesen liegt auf Eis. Das Eon-Kraftwerk läuft Gefahr, als eine der größten Investitionsruinen Deutschlands in die Geschichte einzugehen.

Das Oberlandesgericht Münster hatte den Weiterbau vor zwei Jahren ausgebremst. Die Richter hatten die Planungsgrundlagen förmlich in der Luft zerrissen. Der Rohbau stehe nicht einmal an der richtigen Stelle, monierten sie. Die Baustelle ist stillgelegt. Die Politik könnte das Projekt wieder flottmachen, aber nicht ohne Gesichtsverlust.

Doch Eon sieht Licht am Ende des Tunnels. Die regionale Planungsbehörde, der Regionalverband Ruhr (RVR), hat den festen Willen, alle Planungsfehler auszuräumen. „Heilen“ heißt das im Behördenjargon. SPD und Grüne haben schon mal in der obersten Verbandsversammlung des RVR zugestimmt. Landeswirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD) hat allerdings gesagt, er wolle keine Prognose über die Zukunft des Kraftwerks abgeben.

Zunächst muss noch der Regionalverband seinen Heilplan der Öffentlichkeit vorstellen. Übersteht das Vorhaben die erwartete Kritik, müssen die Planer bei der Landesregierung ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren beantragen. In dem Moment wechselt der „Schwarze Peter“ in die Hand der Regierung.

Verbiegen sich die Düsseldorfer für Datteln, ist das Klimaziel von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in Gefahr, bis 2020 den CO2-Ausstoß drastisch zu senken. Erteilt sie eine Absage, gilt die rot-grüne Landesregierung als industriefeindlich.

Befürworter sehen das Eon-Kraftwerk als Brücke beim Atomausstieg. Es würde dreieinhalb mal mehr Strom als die drei alten Eon-Kohlekraftwerke in Datteln liefern. Allerdings würde das neue Kraftwerk wegen der enormen Kapazität zu erhöhtem CO2-Ausstoß in der Region führen. Die Abschaltung der Altblöcke wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das widerspricht den Landeszielen. Die Regierung steht vor einem Dilemma.