Schlichtungsversuche Laschet und der brüchige WDR-Frieden

Düsseldorf · Der NRW-Landeschef Armin Laschet will die Gesellschaft zusammenführen, hat’s dabei aber schwer.

Armin Laschet (CDU), NRW-Ministerpräsident.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Beim Sternsinger-Besuch in der Düsseldorfer Staatskanzlei hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Freitag zu Frieden und Völkerverständigung aufgerufen. „Auch bei uns in Deutschland gibt es zu viel Hass und zu viele Vorurteile“, sagte der Regierungschef dabei in seiner Ansprache. „Die Sternsinger stehen zum Glück für das Gegenteil, für Mitgefühl und Toleranz – auch bei uns zuhause.“ Laschet schloss: Man öffne den Sternsingern die Türen, um für Kinder in Not zu spenden.

Kein überraschender Aufruf, eher politischer Standard. Aber einer, der Laschets neue Rolle ganz gut ergänzt. Denn der NRW-Landeschef ist seit der Jahreswende auf Friedensmission – angeregt durch die Debatten um die „Umweltsau“ aus dem inzwischen legendären WDR-Kinderchor-Lied oder durch eine twitternde „Fridays for future“-Aktivistin, die vor Tagen zu unterschiedlichen Perspektiven der Generationen im Umweltschutz giftete: „Warum reden uns die Großeltern eigentlich immer noch jedes Jahr rein? Die sind doch eh bald nicht mehr dabei.“ Es ist eine Friedensmission mit Stolperfallen.

Laschets Signale gegen die gesellschaftliche Spaltung

Sowohl in seiner Neujahrsansprache als auch in einem Gastbeitrag in der Wochenzeitung „Die Zeit“ unter dem Titel „Wie bitte, WDR?“ suchte Laschet Signale gegen solche gesellschaftlichen Spaltungstendenzen zu setzen. „Wie steht es um unsere Toleranz gegenüber einer anderen Meinung, um die Rücksichtnahme auf die Schwächeren, um das Verständnis für unterschiedliche Lebenssituationen? Um Maß und Mitte? Um die Freude am Kompromiss statt dem Glauben an die eigene moralische Unfehlbarkeit?“, sagte Laschet zu Neujahr und schloss: „Wir brauchen eine neue Fairness in unserem Land, die Unterschiedlichkeiten anerkennt und wertschätzt.“

Beiden Texten gleich: Gegensätze, die zu überbrücken seien: Landbevölkerung gegen Städter, Arme gegen Reiche, „Digital Natives“ gegen Facharbeiter, deren Aufgaben immer mehr von „Computern und Robotern“ übernommen werden. Zugewanderte gegen Alteingesessene. Alte gegen Junge. Für den „Umweltsau“-Konflikt legte Laschet sich sogar an mit dem Westdeutschen Rundfunk an (Menschen würden auf diese Weise in der Klimadebatte „tribunalisiert“, die „Grenzen des Stils und des Respekts gegenüber Älteren“ seien überschritten). Mit jenem WDR, der gerade noch Laschets Neujahrsansprache unter die Leute gebracht hatte – und dem MP fast zeitgleich auch im „Tatort“ auf die sonntagabendliche TV-Bühne verholfen hatte.

„Renaissance der Debattenkultur“ ist notwendig

Eine ungünstige Gemengelage, die Laschet gerade in den sozialen Netzwerken um die Ohren fliegt. Flankiert wurden seine wohl gut gemeinten Schlichtungsversuche am Freitag durch eine Offensive, in der sich die Werte-Union – eine nach eigenen Worten „konservative Basisbewegung innerhalb der CDU/CSU – für eine „Halbierung der Rundfunkgebühren“ aussprach – vor dem Hintergrund eben jenes „Nazisau-Liedes“. Begründung: „Aus Sicht der konservativen Basisbewegung sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten überfinanziert, überschreiten ihr Mandat einer ,Grundversorgung an Information’ und sind politisch nicht mehr neutral.“ Sie präsentierten statt Fakten Haltung.

Laschet, der solche Konfrontation in der eigenen Partei vermutlich in den Wahnsinn treibt, wirbt derweil um das „gute, alte persönliche Gespräch“: Das lebe von der Bereitschaft anzuerkennen, „dass der andere Recht haben könnte“. In „Die Zeit“ hält er eine „Renaissance der Debattenkultur“ für notwendig. Andernfalls werde die Gesellschaft an den großen Aufgaben zerbrechen. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hält er für wichtig, ohne jede Forderung nach Beitragskürzung: Dringend gebraucht werde ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der dem Zusammenhalt diene und nicht aktivistisch arbeite.