Napp gegen Neuss: Ein Bürgermeister klagt gegen seine eigene Stadt
Erstmals klagt ein Bürgermeister gegen die eigene Stadt auf Rückzahlung von Nebeneinkünften.
<strong>Neuss. Langsam, sehr langsam kam die Angelegenheit in Neuss ins Rollen, jetzt erregt das Thema landes- und bundesweit Aufmerksamkeit: Muss ein hauptamtlicher Bürgermeister seine Einkünfte aus der Mitgliedschaft im RWE-Regionalbeirat an die Kommune abführen? Selbstverständlich, meint das Innenministerium. In einem Runderlass stellte das Ministerium 2005 ausdrücklich klar, auch Nebeneinkünfte aus diesen RWE-Beiräten - etwa 6500 Euro im Jahr - seien abzuführen. Selbstverständlich ist das für den Neusser Bürgermeister Herbert Napp (CDU) allerdings nicht, im Gegenteil. Hartnäckig weigerte sich der selbstbewusste Stadtchef, diese Vergütungen ans Rathaus zu leiten. Begründung: Er sei nicht qua Amt als Bürgermeister in den Regionalrat berufen, sondern wegen seines Sachverstandes.
Lange blieb diese Streitfrage ein typisch Neusser verwaltungs-interner Vorgang. Erst auf Drängen der SPD mahnte schließlich der Regierungspräsident den Landrat als Aufsichtsbehörde, auf die Stadt Neuss Druck auszuüben: Die stellte dann ihrem Bürgermeister einen Leistungsbescheid zu. Napp zahlte unter Vorbehalt und klagte gleichzeitig: "Auch für meine Kollegen", wie er mehrfach betonte.
Düsseldorf Joachim Erwin (CDU) geriet 2004 in die Kritik, weil er angeblich nicht all seine Nebeneinkünfte korrekt abgerechnet und anteilig an die Stadt abgeführt habe. Dabei ging es unter anderem um Erwins RWE-Aufsichtsratsmandat. 2005 legte Erwin dem Stadtrat Nebeneinkünfte von 88 000 Euro pro Jahr vor, die unter anderem von RWE, der Provinzial oder der Stadtsparkasse stammten.
Wuppertal Peter Jung (CDU) hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben 18 700 Euro an Nebeneinkünften erzielt. Davon hat er die erlaubten 6000 Euro behalten. Auch er sollte nach der Wahl in den RWE-Beirat rücken, ließ sich aber von der Mitgliedsliste streichen.
Krefeld Gregor Kathstede (CDU) hat im vergangenen Jahr 33 802,26 Euro an Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern erhalten, davon gemäß den Vorschriften 15 667,77 Euro abgeführt. Den Rest hat er versteuert. Aufwandsentschädigungen für städtische Gesellschaften muss er nicht abgeben, sagt er. Er sitzt im RWE-Regionalbeirat, bekommt für vier bis fünf Sitzungen "5000 bis 6000 Euro pro Jahr", führt alles an die Stadt ab. "Für mich war es nie strittig, dass das Geld abgeführt werden muss. Ich habe Zweifel, dass Napp Erfolg hat."
Solingen Franz Haug (CDU) sitzt ebenfalls im RWE-Beirat und bekommt dafür nach Rathaus-Angaben 6650 Euro jährlich. 6000 Euro darf er behalten, der Rest fließt an die Stadtkasse - ebenso wie die Vergütung die Tätigkeit beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband.
Nettetal Christian Wagner (CDU) hatte im vergangenen Jahr 8500 Euro an Nebeneinkünften, 2500 Euro durfte er behalten. Dass sein Kollege Napp als Privatmann in den RWE Regionalbeirat berufen wurde, findet Wagner schwer vorstellbar.
Kempen Karl Hensel (CDU) führt seine Vergütungen ab. Für die Klage des Neusser Bürgermeisters hat er Verständnis: "Ein Bürgermeister arbeitet auch in Gremien und Aufsichtsräten und übernimmt Verantwortung. Wenn man dafür nicht angemessen bezahlt wird, ist das natürlich unbefriedigend.
Willich Josef Heyes (CDU) ist zwar in 26 Gremien vertreten, "doch nur in sieben davon gibt es Geld". Sämtliche Nebeneinkünfte gebe er an. Alles, was über den ihm zustehenden Freibetrag hinausgehe, führe er brav ab. Die Klage seines Kollegen Napp begrüßt er, da damit "rechtliche Klarheit" geschaffen werde.
Da hat es der Neusser Bürgermeister auf die Spitze getrieben. 6500 Euro pro Jahr abführen? Nein, hat er sich das Geld doch quasi als Privatmann verdient. Falsch. Ohne sein Bürgermeisteramt wäre er wohl kaum in den für viele Kommunalchefs so attraktiven Kreis geladen. Napp argumentiert geschickt und zeigt, wie schwer es ist, in dem allzu engen Geflecht von Energieversorgern und kommunalen (Mini-)Anteilseignern die Grenze der Interessen einzuhalten. Wenn denn die Existenz dieser Beiräte wirklich noch sinnvoll ist und die Entlohnung so im Zwielicht, gäbe es eigentlich eine einfache Lösung: Die Mitgliedschaft wird gar nicht mehr vergütet. Ungerechte Mini-Ersparnis für RWE, aber Klarheit auf der anderen Seite.