Paketboten brechen alle Regeln

Prüfung des NRW-Arbeitsschutzes belegt massenhaft Verstöße. Arbeits- und Ruhezeiten werden nur selten dokumentiert.

Insgesamt 415 Boten von 131 Paket- und Kurierdiensten nahm das Land unter die Lupe.

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Düsseldorf. Rund 85 Prozent der Paket- und Kurierdienstunternehmen in Nordrhein-Westfalen verstoßen gegen das Arbeitsschutzrecht. Bei den Fahrern selbst sind es immer drei von fünf. Das ergab eine Überprüfung durch den NRW-Arbeitsschutz im Mai, den Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) angeordnet hatte.

„Der Konkurrenzdruck in dieser Branche ist extrem hoch und wird weiter zunehmen“, sagte Schneider und warnte vor Folgen für die Verkehrssicherheit. Das Ergebnis sei „erschreckend und alarmierend“.

Insgesamt 415 Boten von 131 Paket- und Kurierdiensten nahm das Land unter die Lupe, indem 22 Paketverteilzentren — darunter alle Branchengrößen wie DHL, DPD, UPS, FedEx oder Hermes. Das Kernproblem: Arbeits- und Ruhezeiten werden kaum eingehalten geschweige denn dokumentiert.

Rund ein Drittel der Geprüften führte überhaupt keine Aufzeichnungen über die Zeiten hinter dem Steuer. Das Arbeitszeitgesetz schreibt vor, dass nach viereinhalb Stunden Lenkzeit 45 Minuten Pause folgen müssen. Die Gesamtzeit im Dienst dürfe zudem neun Stunden am Tag nicht überschreiten. Allerdings sind in den Transportern auch keine Fahrtenschreiber vorgeschrieben. Bei zwei von drei Unternehmen wird zudem die Zeit für das Vorsortieren und Verladen der Pakete gar nicht aufgezeichnet. „Vielfach liegt hier eine boshafte Verletzung der Regeln vor“, bilanziert der Arbeitsminister.

Schneider kritisiert, dass die Generalunternehmer die Verantwortung für die Einhaltung der Gesetze auf ihre Subunternehmer abwälzen, zugleich den Konkurrenzdruck aber so anheizten, dass die Fahrer am Ende der Kette sich kaum noch an die Regeln halten könnten. „Hier herrschen Zustände wie auf dem Bau“, kritisiert Schneider das Geschäftsmodell. Mit Folgen für alle Bürger: „Die Boten sind auf die Minute getaktet und ständig unter Stress“, erklärt Schneider, „wenn sie zudem noch übermüdet sind werden sie zu einem Risiko für den Straßenverkehr.“ Die Verstöße seien somit letztlich nicht nur ein Problem der Branche, sondern für die gesamte Gesellschaft. Er will deshalb anregen, die Gesetze bundesweit zu verschärfen.