Obama: „Ich bin gelinkt worden“
Barack Obamas schwülstig- erotische Begegnung im Fitnessstudio des Ritz Carlton in Berlin löst in den USA Hohn und Spott aus.
Düsseldorf. Aus jeder Zeile tropft der Schweiß - eine schwül-erotische Begegnung im Fitnessstudio des Berliner Nobelhotels Ritz Carlton, ein angebliches Interview als Rendezvous zwischen Laufband und Hanteltraining: "Während Tausende an der Siegessäule auf ihn warteten, traf ich, die Bild-Reporterin, Barack Obama allein - im Fitnessstudio."
Und dieses Treffen bringt die Bild-Reporterin Judith Bonesky dann fast um den Verstand: "Die Tür geht auf. Er ist es wirklich! Er (1,87 Meter) ist viel größer, als ich ihn mir vorgestellt habe. Er trägt ein graues T-Shirt und eine schwarze Jersey-Hose. Und ein umwerfendes Lächeln! ,Hallo, wie geht’s?’ fragt er auf Englisch mit kräftiger, sehr männlicher Stimme. Ich antworte: ,Sehr gut. Und wie geht es Ihnen?’ Er lächelt: ,Sehr gut, danke!’"
Und dann geht Obama an die 32-Kilo-Hanteln und Judith Bonesky zur Sache: Die Reporterin schwärmt von der "knackigen Hinteransicht" des Präsidentschaftskandidaten, seine "durchtrainierten Arme" sind ein Traum, der ganze Kerl "ganz süß". Dann nähern wir uns dem Höhepunkt: "Barack Obama legt den Arm um meine Schultern, ich fasse ihn um die Hüfte - wow, er schwitzt nicht mal!" Und nun Boneskys Finale: "Ich denke: WAS FÜR EIN MANN!"
So stand es am Tag nach Obamas Berlin-Besuch in der Bild-Zeitung, und so hätte es ja auch sein können. Denn ein Bild des gemeinsam derart erhitzten Paares zierte ja auch das Titelblatt und schien alles zu bestätigen. Von den Blattmachern eilig noch am gleichen Tag ins Englische übersetzt und ins Internet gestellt, fand die Story den Weg in die USA. Und erntet seither Hohn und Spott, der natürlich auch um Obama keinen Bogen macht.
Zumal der ohnehin schon peinlich schwüle Ton des deutschen Originals vollends der Lächerlichkeit preisgegeben wird durch eine hölzerne Übersetzung, die den Spiegel an den fiktiven Reporter Borat aus dem Klamauk-Film "Borat - Kulturelle Lernung von Amerika um Benefiz für glorreiche Nation Kasachstan" erinnert. So beschäftigt jetzt die Bild-Version den US-Wahlkampf und die Internet-Community: "Lasst uns ihre Sextime-Erinnerungen gemeinsam genießen", höhnt es zwischen Washington und Kalifornien.
Und Obama ist der Blamierte. "Ich bin gelinkt worden", versichert nun der Demokrat vor jeder Kamera. "Sie hat uns übers Ohr gehauen", erzählte Obama der New York Times und legte dabei seine Version der merkwürdigen Begegnung im Berliner Fitnessstudio vor.
Dass es sich bei dem Mädchen um eine Journalistin gehandelt habe, habe er nicht gewusst: "Wir betreten das Sportstudio. Sie ist schon auf dem Laufband. Sie sieht aus wie ein ganz gewöhnliches deutsches Mädchen. Sie lacht und winkt verlegen, aber macht sich nicht die Mühe, was zu sagen. Als ich wieder gehe, sagt sie: ,Oh, kann ich ein Foto haben? Ich bin ein großer Fan.’ Reggie (Obamas Assistent Reggie Love) schießt ein Foto." Das - glaubt man Barack Obama - war alles.
Dass er aber so hereingelegt werden konnte, ärgert Barack Obama selbst am meisten. Seine Wahlkampagne ist minutiös geplant, nichts wird dem Zufall überlassen, die Medien hat er jederzeit voll im Griff. Es gehe bei ihm zu wie beim Film-Set, schreibt der Spiegel: Zugang zum Star bekomme nur, wer ins Marketingkonzept passe. Beim jüngsten Berlin-Besuch gab Obama keinem einzigen deutschen Journalisten ein Interview, lediglich handverlesene US-Reporter kamen an ihn heran. Bis auf - eben Judith Bonesky.
Und dafür, wie das ihm, dem Medien-Profi, passieren konnte, hatte Obama dann im Gespräch mit der New York Times eine Erklärung parat, die vielleicht mehr erklärt, als Obama lieb sein kann. Dabei vergleicht Obama sein Erlebnis im Berliner Hotel Ritz Carlton mit einer Szene aus dem berühmten Scorsese-Film "Die Farbe des Geldes", in dem Paul Newman den Billardspieler Eddie Felson spielt. Obama dann wörtlich: "Forest Whitaker sitzt einfach nur da und tut so, als könne er kein Billard spielen. Und dann zockt er den Abzocker ab. Sie hat uns abgezockt."
Der abgezockte Abzocker also. Doch nichts ist so schlimm, dass man nicht noch etwas daraus lernen könnte: "Ich merke erst jetzt", so Obama am Ende des Interviews mit der New York Times, "an was ich mich noch alles gewöhnen muss."