Peer Steinbrück zeigt Emotionen
Ehefrau Gertrud bringt Spitzenkandidaten den Tränen nah.
Berlin. Das wollte er eigentlich vermeiden. Peer Steinbrück sackt in seinem roten Sessel leicht zusammen, er kämpft mit den Tränen. Seine Frau Gertrud will nach seiner Hand greifen, doch er wehrt ab: „Lass!“ Sie hat ihn entwaffnet. Nur durch wenige Sätze. Die Gefühlswelt des Kanzlerkandidaten liegt beim SPD-Konvent im Berliner „Tempodrom“ plötzlich offen wie ein Buch vor den 200 Delegierten.
Der Wahlkampf, so miserabel wie er bisher verlaufen ist, hat Spuren bei Peer Steinbrück hinterlassen. Die ständige Kritik und die andauernden Scharmützel mit dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel, für einen Moment scheint das alles von ihm abzufallen. Die Delegierten erheben sich spontan von ihren Plätzen. So emotional nah sind sich Partei und Kandidat noch nie gewesen.
Gertrud Steinbrück ist schuld. Seine Frau werde sich nur selten in den Wahlkampf einmischen, hatte Angela Merkels (CDU) Herausforderer letztes Jahr verkündet. Für den Konvent habe er sie aber „sehr nett gefragt, da bin ich auch sehr gefügig“, sagt Ehefrau Gertrud und beschreibt, wie sich sein Leben als Spitzenkandidat verändert habe. Steinbrücks Berater haben befunden, dass es Zeit ist, ihn privater zu präsentieren, ein anderes Bild zu zeichnen, als das, was in den letzten Monaten von dem 66-Jährigen entstanden ist: kühl, trotzig, schnippisch.
Hinten auf dem Podium sitzt auch Sigmar Gabriel. Mit dem zofft sich der Kandidat mal wieder. In einem Interview hat Steinbrück ihm Illoyalität unterstellt. Die Nerven in der SPD liegen blank. Beide harmonieren nicht, jetzt findet der Kleinkrieg auch noch öffentlich statt. Im Umfeld des Kanzlerkandidaten spricht man von einem reinigenden Gewitter, das Steinbrück entfachen wollte. Gabriel nutzt indes seinen Auftritt, um den Zoff herunter zu spielen.