Rechtsanspruch auf Vollzeitjob: Freie Wahl für arbeitende Mütter

Ministerin Schröder wirbt für den Rechtsanspruch auf einen Vollzeitjob. FDP und Wirtschaft lehnen das ab.

Berlin. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) fordert einen Rechtsanspruch auf den Wechsel von einer Teilzeit- in eine Vollzeitstelle. Doch nicht nur die FDP mauert. Auch die Wirtschaft stellt sich quer. Die Bundeskanzlerin hält sich bedeckt. Das wurde beim Familiengipfel mit Spitzenvertretern von Politik und Industrie deutlich.

Beim schwäbischen Unternehmen Bosch zählt die Zeit, die Beschäftigte mit ihrer Familie verbringen, als Pluspunkt für die berufliche Karriere. Bei der Telekom wurde eine Handy-Richtlinie erlassen, wonach sich dienstliche Anrufe und Mails abends und an Wochenenden verbieten. Umgekehrt kann, wer in Elternzeit ist, auch an betrieblichen Konferenzen teilnehmen, um den Kontakt nicht zu verlieren.

Beide Unternehmen durften sich beim Familiengipfel am Dienstag als Parade-Beispiele für eine gelungene Vereinbarkeit von Familie und Beruf präsentieren. Und glaubt man einer aktuellen Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft, dann verfahren auch die meisten anderen Betriebe wie Bosch und die Telekom.

Immerhin acht von zehn Betrieben messen dem Thema Familienfreundlichkeit einen hohen, beziehungsweise sehr hohen Stellenwert zu. In fast drei Viertel der Firmen gehören individuell ausgestaltete Arbeitszeitmodelle zum Alltag. Mehr als 84 Prozent setzen auf Teilzeitarbeit. Bei den familienfreundlichen Arbeitszeiten komme man „deutlich voran“, sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Und das aus klarem „Eigeninteresse“, wie Bosch-Geschäftsführer Christoph Kübel ergänzte. Denn so könnten Fachkräfte gehalten werden, was sich für Bosch „ganz massiv“ rechne.

Auch nach Einschätzung von Familienministerin Schröder sind familienfreundliche Arbeitszeiten „keine soziale Wohltat, sondern eine Investition, die sich auszahlt“. Allerdings hat diese Flexibilisierung auch ihre Schattenseiten. In Deutschland besteht zwar ein gesetzlicher Anspruch, aus Vollzeit in Teilzeit zu wechseln. Aber umgekehrt gilt das nicht. Nach einschlägigen Untersuchungen stecken immer mehr Frauen in der „Teilzeitfalle“.

Laut Familienministerium sehen vier von zehn Teilzeitbeschäftigten in ihrer verringerten Arbeitszeit einen Nachteil für die berufliche Karriere. Schröder will das Problem durch einen Rechtsanspruch auf Vollzeitarbeit lösen.

Ein „Recht auf Rückkehr in Vollzeit“ sei unabdingbar, erklärte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte generell die Wirtschaft zu mehr Familienfreundlichkeit.

Dagegen warnte Hundt davor, die Unternehmen „mit weiteren gesetzlichen Regelungen zuzudecken“. Die Liberalen sehen das genauso. Die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sylke Laurischk (FDP), sagte, dass für Frauen „die Möglichkeit bestehen muss, in die Vollzeittätigkeit zurückzukehren. Allerdings müssten auch die Belange der Wirtschaft berücksichtigt werden. Die Idee von Ministerin Schröder hat damit so gut wie keine Chance, bis zur Bundestagswahl verwirklicht zu werden.