Sarkozy – der Retter der Europa-Verfassung

Frankreichs Präsident verschiebt einen Streit über die türkische EU-Mitgliedschaft. Der neue französische Präsident favorisiert das Modell der "Privilegierten Partnerschaft".

Brüssel. Von einer EU-Vollmitgliedschaft der Türkei hält Nicolas Sarkozy überhaupt nichts. Ebenso wie Angela Merkel favorisiert der neue französische Präsident das Modell der "Privilegierten Partnerschaft". Trotzdem werde er sich auf dem EU-Gipfel am 21. und 22. Juni in Brüssel keinesfalls für einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit Ankara stark machen. "Wir wollen auf dem Gipfel Probleme lösen und keine neuen hinzufügen", sagte Sarkozy beim EU-Antrittsbesuch in Brüssel.

Ganz oben auf der Gipfel-Agenda stehe die Rettung der europäischen Verfassung. Sarkozy ("Ich bin ein überzeugter Europäer") wirbt leidenschaftlich für einen "vereinfachten Vertrag", der mit weniger Artikeln auskommt, aber trotzdem die Substanz rettet und effizientere Entscheidungsstrukturen in der EU ermöglicht. Seine ursprüngliche Formel vom "Mini-Vertrag" verwendet er bewusst nicht mehr, vor allem, weil dieses Etikett recht anspruchslos wirkt.

Die tiefe institutionelle Krise der EU war vor zwei Jahren durch die Wähler in den Niederlanden und Frankreich ausgelöst worden, die die Verfassung in Volksabstimmungen ablehnten. "Den Stillstand und die Lähmung müssen wir überwinden", sagte Sarkozy im Berlaymont, der EU-Machtzentrale. Und fügte hinzu: "Der Gipfel muss ein Erfolg werden." Anders als bei der EU-Verfassung sei im Falle des vereinfachten Vertrages keine Volksabstimmung nötig, eine Mehrheit im französischen Parlament reiche aus.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso zeigt sich inzwischen zuversichtlich, dass die Regierungschefs einen am "Sarko"-Modell orientierten Kompromiss zustande bringen werden. Erteilt der Gipfel ein "klares und präzises Mandat" für eine Regierungskonferenz, könnten die Verhandlungen über einen europäischen Grundvertrag bereits im Juli beginnen. "Während der portugiesischen Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte können wir einen neuen Vertrag haben", sagte Barroso dem französischen Radiosender "Europe 1".