SPD: Beck tritt ab, Steinmeier tritt an – Müntefering feiert sein Comeback
Sozialdemokraten: Eine Klausur endet mit einem Erdbeben: 1. Der Parteichef tritt zurück. 2. Nachfolger wird ein Vorgänger. 3. Der Außenminister soll Kanzler werden.
Berlin. Dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier an diesem Wochenende offiziell zum SPD-Kanzlerkandidaten ernannt werden sollte, war schon am Samstag durchgesickert. Am Sonntag dann kam der unerwartete Paukenschlag: Kurt Beck warf sein Amt als Parteichef hin. Nachfolger soll sein Vor-Vorgänger Franz Müntefering werden. Steinmeier zeigte sich über Becks Entschluss "überrascht und schockiert zugleich".
Das politische Erdbeben hatte sich am Vormittag angekündigt, als Beck mit Stunden Verspätung bei einer SPD-Klausur am Schwielowsee in Berlin erschienen war - und wenige Minuten später durch eine Hintertür wieder entschwand.
In einer schriftlichen persönlichen Erklärung begründete Beck seinen Rücktritt am frühen Abend mit einer Kampagne gegen seine Person. Aus der Partei seien im Vorfeld der Klausur gezielt Falschinformationen über den Ablauf der Kanzlerkandidaturen-Kür gestreut worden, um seine Autorität als Parteichef zu untergraben.
Tatsächlich hatten einige Medien berichtet, Steinmeier habe Stärke beweisen wollen und daher darauf gedrungen, früher als geplant als Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nominiert zu werden. Beck beharrt dagegen auf der Version, wonach er schon lange geplant habe, Steinmeier ins Rennen zu schicken, und insofern stets Herr des Verfahrens gewesen sei.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sprach später im ZDF von einem Fass, das übergelaufen sei. Die Medien hätten Beck seit Monaten traktiert. Von einem Putsch wollte Heil dagegen nichts wissen.
Wie die "Frankfurter Rundschau" in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, hatte Beck offenbar noch bis zuletzt versucht, eine Rückkehr seines innerparteilichen Widersachers Franz Müntefering an die Parteispitze zu verhindern. Beck habe stattdessen Bundesarbeitsminister Olaf Scholz als neuen SPD-Vorsitzenden vorgeschlagen.
Steinmeier, der die SPD bis zu einer Wahl Münteferings kommissarisch führen wird, zeigte sich mit Blick auf die Bundestagswahl in gut einem Jahr kämpferisch: "Ich trete nicht an, um auf Platz zu spielen. Ich trete an, damit wieder ein Sozialdemokrat Deutschland regiert."
NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft, die Beck immer loyal unterstützt hatte, sagte, die Entscheidung Becks sei "zutiefst bedauerlich". Aber sie verdiene "tiefen Respekt".
Häme kam indes von der CDU. Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, der Personalwechsel löse "keines der Probleme der SPD". CDU-Außenpolitiker Eckart von Klaeden sagte, Deutschland brauche einen Außenminister, "der sich zu hundert Prozent seiner Aufgabe widmet". Grünen-Politiker Volker Beck nannte das "scheinheilig" und verwies auf die Doppelfunktion Merkels als Kanzlerin und CDU-Chefin.