Sterben: Ärzte müssen sich an Patientenverfügung halten
Der letzte Wille am Krankenbett wird verbindlich. Das hat der Bundestag nach sechsjährigem Streit beschlossen.
Berlin. Ärzte müssen künftig Patientenverfügungen befolgen, auch wenn dies den Tod der Erkrankten bedeuten kann. Nach sechsjährigem Streit verabschiedete der Bundestag einen Gesetzentwurf, der erstmals Rechtssicherheit bringen soll.
Die Regelung verschafft dem vorab formulierten Willen eines Patienten für den Fall Geltung, dass er sich nicht mehr selbst äußern kann. Die Gültigkeit der bisher formulierten neun Millionen Patientenverfügungen stellt das neue Gesetz nicht infrage. Sie müssen nicht neu gefasst werden.
Der Vorschlag einer Gruppe um den SPD-Abgeordneten Joachim Stünker erhielt 317 der 555abgegebenen Stimmen. 233 Parlamentarier votierten dagegen. Fünf enthielten sich. Gegenmodelle von anderen Gruppen um Wolfgang Bosbach (CDU) und Wolfgang Zöller (CSU) fanden keine Mehrheit.
Nach dem Entwurf können Volljährige schriftlich im Voraus festlegen, ob und wie sie später behandelt werden wollen, wenn sie am Krankenbett ihren Willen nicht mehr äußern können. Betreuer oder Bevollmächtigte müssen gegenüber den Ärzten dafür sorgen, die Verfügung durchzusetzen. Voraussetzung ist aber, dass die Erklärung die tatsächliche Behandlungssituation überhaupt erfasst. Dazu muss die Patientenverfügung möglichst konkret gefasst sein.
Sind sich Arzt und der bestellte Betreuer beziehungsweise der Bevollmächtigte über den Patientenwillen einig, bedarf es keiner Anrufung des Vormundschaftsgerichts. Bei Meinungsverschiedenheiten muss hingegen der Richter eingeschaltet werden.
Im Gegensatz zu dem Entwurf von Unions-Fraktionsvize Bosbach muss nach der nun beschlossenen Regelung ein entsprechender Wille auch dann durchgesetzt werden, wenn die Erkrankung noch keinen tödlich irreversiblen Verlauf genommen hat.
Vor allem die Union war in der Parlamentsdebatte, in der es keinen Fraktionszwang gab, gespalten. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte einen Antrag des Abgeordneten Hubert Hüppe unterstützt, von vornherein auf eine Regelung zu verzichten. Diesem Antrag hatte das Plenum aber eine klare Absage erteilt.
Hüppe, dessen Ansicht von der Bundesärztekammer geteilt wird, hatte erklärt: "Das Sterben kann man nicht bis zur letzten Minute regeln, schon gar nicht mit Gesetzen."