Was die „Lebensmittel-Ampel“ bringt

Farben gegen Pfunde: Erstmals führt ein deutscher Hersteller das Kennzeichen ein.

Berlin. Kunden im Supermarkt können sich ab Sommer erstmals beim Einkauf schnell und leicht erkennbar über den Anteil von Fett, Zucker und Salz in Lebensmitteln informieren. Die Tiefkühlkostmarke Frosta will als erster Hersteller bundesweit einen Teil seiner Produkte mit der politisch sehr umstrittenen Ampelkennzeichnung ausstatten.

Damit soll, so Vorstandschef Felix Ahlers, der Kunde anhand der Farben rot, gelb und grün auf einen Blick erkennen können, ob ein Produkt viel oder wenig Fett, Salz oder Zucker enthält.

Der größte deutsche Krankenkassenverband, die AOK, die Verbraucherzentralen und die Verbraucherorganisation "Foodwatch" begrüßten den Schritt und erneuerten ihre Forderung nach einer gesetzlichen Pflichtkennzeichnung, der sich die Lebensmittelindustrie und Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) widersetzen. Die wichtigsten Antworten zur Nähwert-Ampel:

Die Hälfte der Deutschen ist übergewichtig, 20 Prozent sogar fettleibig. Knapp zwei Millionen Kinder und Jugendliche sind zu dick. Mittlerweile entfällt 30 Prozent des Gesundheitsbudgets auf die Folgen ernährungsbedingter Krankheiten - 70 Milliarden Euro pro Jahr.

Von einer klar erkennbaren, gut verständlichen Lebensmittelkennzeichnung versprechen sich Befürworter, dass Verbraucher so einen Weg durch den Dschungel von geschätzten 250.000 Produkte finden.

Und lernen, gesunde von weniger gesunden Lebensmitteln zu unterscheiden. Davon abgesehen soll das Modell die Hersteller motivieren, ihre Produkte mit weniger versteckten Fetten oder Zucker auf den Markt zu bringen.

In erster Linie die großen Verbraucherschutz-Organisationen vom Bundesverband Verbraucherzentrale bis zu "Foodwatch". Neuerdings ist auch der größte Krankenkassenverband, die AOK, dabei. Tenor aller drei: Die Bundesregierung kann nicht, wie 2008 geschehen, hochtrabende Aktionspläne im Kampf gegen Fehlernährung und Übergewicht verabschieden und bei der Nährwertkennzeichnung kneifen.

Die farbige Kennzeichnung von Fett, Salz, Zucker, gesättigten Fettsäuren und Kalorien soll signalisieren, ob ein Lebensmittel wenig davon enthält (grün) und häufig verzehrt werden kann, nicht so häufig (gelb) oder viel davon enthält (rot) und folglich nur selten gegessen werden sollte.

Die Verbraucherminister der Länder hatten bereits im vergangenen Herbst mehrheitlich die Einführung der Ampel-Kennzeichnung unterstützt - allerdings auf europäischer Ebene. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) laviert.

Ein runder Tisch zum Thema wurde abgesagt. Verbraucherschützer werfen der CSU-Politikerin vor, die Interessen der Industrie zu vertreten. SPD, Grüne und Linke im Bundestag sind für eine gesetzliche Ampelkennzeichnung. Die FDP hält das für eine "bevormundende Symbolpolitik".

Sie ist erwartungsgemäß gegen eine Ampel. Vor allem Hersteller von Süßigkeiten, Kartoffelchips haben Sorge, dass ihre Umsätze unter einer Kennzeichnung leiden könnten. Verständlich, viele ihrer Produkte wären vermutlich tiefrot. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), Lobbyverband der Lebensmittelwirtschaft, bevorzugt das sogenannte GDA-Modell ("guideline daily amount" - zu deutsch etwa: Richtwert).

Dabei werden die Nährwerte einzeln angegeben und ins prozentuale Verhältnis zum jeweiligen Tagesbedarf gestellt. Beispiel: Ein Mars-Schokoriegel von 54Gramm hat 246 Kilokalorien. Das entspricht 12 Prozent des empfohlenen Tagesbedarfs.

In England wird die Ampelkennzeichnung seit 2006 praktiziert. Verbraucherumfragen ergaben dort, dass sie leicht verstanden wird. In England setzt eine unabhängige Behörde, die "Food Standard Agency", die Regeln fest.

Ganz einfach, sagen Verbraucherschützer: Kein Unternehmen würde sein Fertiggericht oder seine Süßigkeit mit einer roten Ampelfarbe diskreditieren. Die Industrie bestätigt das: Während die Farbe Grün eine vermeintliche Sicherheit suggeriere, schüre Rot Ängste, heißt es dort. Dabei seien mit Rot gekennzeichnete Lebensmittel wie Süßigkeiten oder Kuchen nie automatisch schädlich für den Konsumenten.