Zwischen den PKK-Fronten

Machtkampf: Deutsche Geiseln werden als internes Druckmittel der Rebellen missbraucht.

Istanbul/Dortmund. Eine Woche nach der Verschleppung von drei deutschen Bergsteigern am Berg Ararat im Osten der Türkei wird die Lage immer undurchsichtiger. Der türkische Geheimdienst will erfahren haben, dass nur eine Splittergruppe innerhalb der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) die Entführung der Deutschen unterstützt. Die aus Bayern stammenden Männer im Alter von 33, 48 und 65 Jahren sind auf ihrer vom Deutschen Alpenverein organisierten Tour demnach Opfer eines Machtkampfes geworfen, als sie in tiefer Nacht aus einem Camp auf 3200 Metern Höhe abgeführt wurden.

In Funksprüchen der Kurdenrebellen werde der syrisch-kurdische PKK-Anführer Fehman Hüseyin als Drahtzieher der Geiselnahme scharf kritisiert, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Er habe fürchten müssen, beim nächsten Kongress des militärischen Flügels der PKK abserviert zu werden. Nun nutze er die Entführung als Druckmittel.

Der PKK-Oberkommandierende Murat Karayilan habe bereits Befehl gegeben, die Deutschen zu finden und zu befreien. Es sei erkannt worden, dass die Entführung der Ausländer der PKK mehr schade als nutze. "Diesmal hat der Syrer (Fehman Hüseyin) die rote Linie überschritten", soll in einem Funkspruch gesagt worden sein. "Hüseyin hat sein Todesurteil unterschrieben", habe es auch geheißen, wobei sich der Wahrheitsgehalt solcher Berichte kaum überprüfen lässt.

Aus den nordirakischen Kurdengebieten meldete sich PKK-Sprecher Ahmet Deniz zu Wort und machte Hoffnungen auf eine schnelle Freilassung zunichte. Voraussetzung dafür sei ein "friedliches Klima" und ein Ende des türkischen Kampfes gegen die Kurden. Die Politik Deutschlands in diesem Konflikt wird auch von Politikern der im türkischen Parlament vertretenen pro-kurdischen DTP kritisiert. "Zivilisten anzugreifen ist sehr unerfreulich. Aber auch wir kritisieren die deutsche Politik gegenüber Kurden und Türken", sagte der DTP-Abgeordnete Selahattin Demirtas. So sei es falsch gewesen, den von Kurden gesehenen Fernsehsender Roj-TV zu schließen.

Auch im Deutsch-Kurdischen Kulturverein in Dortmund ist die Geiselnahme Thema. "Wir sind sehr traurig, dass so etwas passiert ist", sagte etwa Medeni Ak. Aber zugleich kritisierten er und andere Männer im Kulturverein, wie Kurden in Deutschland behandelt würden. Die klare Mehrheit der 700000 bis 800000 Kurden in Deutschland finde die Entführung nicht richtig, sagte Metin Incesu vom Zentrum für Kurdische Studien (Navend) in Bonn. "Die kurdische Unabhängigkeitsbewegung hat in ihrer Geschichte solche Sachen auch nicht gemacht." Doch auch wenn viele Kurden die Entführung verurteilen - ihnen gemeinsam ist auch die Kritik an der Bundesregierung.

Bei der Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland, Yek-Kom, hieß es, die "kurdische Frage" sei kein "Terrorismusproblem". Alle Angebote zu einer politischen Lösung seien von der Türkei und der EU aber "weitgehend unbeantwortet" geblieben. Yek-Kom sei zwar nicht das offizielle Sprachrohr der Kurden in Deutschland. Doch müsse zumindest der Dialog mit den Kurdenvereinen gesucht werden. "Und die Bundesregierung darf den Kurden nicht das Gefühl geben, dass sie sich zu sehr mit der türkischen Regierung solidarisiert." Eine solche Linie werde von den Extremisten ausgenutzt.