Ständig erreichbar sein - darf der Chef das verlangen?
Köln (dpa/tmn) - Feierabend um 17.00 Uhr? Das gilt für viele längst nicht mehr. Auch abends schreiben Chefs oft E-Mails. Das Arbeitsministerium will diese Praxis stoppen - zunächst aber nur im eigenen Haus.
Wie sollten Arbeitnehmer auf Mails nach Feierabend reagieren?
Störende E-Mails und nervige Anrufe in der Freizeit sind für viele Arbeitnehmer eine Last - doch immer mehr Konzerne und auch Behörden wollen der ständigen Erreichbarkeit einen Riegel vorschieben. Nachdem zuletzt etliche Unternehmen Richtlinien für eine Funkstille nach Feierabend und im Urlaub verschärft hatten, zog jetzt das Bundesarbeitsministerium nach: In einem neuen Kodex verpflichtet sich das Ressort von Ursula von der Leyen (CDU), Mitarbeiter nur noch in Ausnahmefällen außerhalb der Dienstzeit zu kontaktieren. Eine „Selbstausbeutung der Beschäftigten“ soll so vermieden werden.
Angestellte sind in der Regel nicht dazu verpflichtet, geschäftliche E-Mails nach Dienstschluss noch zu lesen. Darauf weist die Arbeitsrechtlerin Nathalie Oberthür aus Köln hin. Selbst von Führungskräften dürfe der Arbeitgeber nicht verlangen, dass sie dienstliche E-Mails außerhalb der Arbeitszeit abrufen. Machen Angestellte das trotzdem - wie in der Praxis häufig üblich -, geschehe das immer freiwillig.
Eine Ausnahme gelte lediglich, wenn im Arbeitsvertrag ein Bereitschaftsdienst vereinbart ist. Das ist etwa bei Ärzten oder Apothekern üblich. In diesem Fall sind Angestellte rechtlich dazu verpflichtet, E-Mails zu lesen, auch wenn sie nicht am Arbeitsplatz sind. Allerdings müsse der Arbeitgeber den Bereitschaftsdienst vergüten.
Bei Diensthandys oder dienstlichen Laptops gilt im Prinzip nichts anderes. In der Praxis stehen Mitarbeiter dann zwar häufig erst recht unter Druck, geschäftliche Mails auch nach Dienstschluss zu lesen. „Aber auch dann darf der Arbeitgeber einen E-Mail-Check nach Feierabend nicht verlangen“, erklärt Oberthür.
Allerdings dürften Arbeitnehmer ein Diensthandy oder einen dienstlichen Laptop nicht von vorneherein ablehnen, wenn es für ihre Arbeit erforderlich ist. Es sei aber rechtlich durchaus in Ordnung, die Geräte nach Dienstschluss abzustellen. In der Praxis machten das zwar viele nicht - doch der Blick auf das Diensthandy nach Feierabend geschieht in der Regel ebenfalls freiwillig, erläutert Oberthür.