Deutsche Bahn fällt bei Pünktlichkeits-Test durch

Stiftung Warentest: Vor allem Fernzüge verspäten sich häufig. Die Bahn weist das Ergebnis als nicht repräsentativ zurück.

Düsseldorf. Seit einigen Jahren versucht die Bahn ihren Kunden zu versichern, dass 90 Prozent der Züge pünktlich sind. Doch zu glauben scheinen die meisten das eher nicht - auch nicht die Stiftung Warentest. Deshalb haben die Tester die Probe aufs Exempel gemacht und in der Zeit vom 23. September bis zum 31.Oktober 2007 die Ankunftszeiten von 94136 Zügen überprüft. Das Ergebnis: Vor allem im Fernverkehr war das Ausmaß der Verspätungen Besorgnis erregend. Mehr als ein Drittel der Züge war mehr als vier Minuten oder noch mehr über der Zeit.

Am unpünktlichsten waren die Züge in Dresden, Köln und Hamburg. Insgesamt wurden zehn Bahnhöfe getestet. "Zudem haben wir 234Anschlusszüge stichprobenartig überprüft. Jede vierte Bahn war schon abgefahren, bevor unsere Testperson sie erreichen konnte", berichtet Jürgen Armbrecht von der Stiftung Warentest.

Es gibt unterschiedliche Gründe für die Verspätungen: Das Schienennetz ist laut Stiftung Warentest überlastet. Die Bahn gebe aus Werbezwecken deutlich kürzer klingende Zeiten an: Ein Zug, der tatsächlich 2 Stunden, 2 Minuten benötigt, erreicht laut Fahrplan schon nach einer Stunde, 59 Minuten das Ziel. "Viele Züge haben ein viel zu enges Zeitfenster", so der Experte. Zudem gebe es unvorhersehbare Behinderungen wie spielende Kinder, für die die Bahn allerdings nicht verantwortlich sei.

Nicht repräsentativ - kann das wirklich alles sein, was der Bahn zu der Untersuchung der Stiftung Warentest in Sachen Unpünktlichkeit einfällt? Vielleicht sollte man lieber mal die eigenen Kunden fragen - da käme heraus, dass sich deren Erfahrungen eher mit den Ergebnissen der Verbraucherschützer decken als mit den Pünktlichkeitsbeteuerungen der Bahn.

Die Bahn hat wahrlich schon genug Imageprobleme - nicht zuletzt wegen ihres unpopulären Chefs. Statt kleinmütig einen in seiner Seriosität kaum bezweifelbaren Test zu attackieren, sollte sie die Ergebnisse lieber ernst nehmen und die Bemühungen um Pünktlichkeit verstärken.

Vielleicht ist ein Teil des Problems ja durchaus hausgemacht und reparabel: der zu eng gestrickte Fahrplan. Zu groß scheint die Verlockung, mit dichter Zugfolge und zu knapp bemessenen Bahnhofsstopps sich selbst und dem Kunden etwas vorzugaukeln. Mit großzügigeren Zeitpuffern, die das Aufholen von Verspätungen erlauben, wäre allen Beteiligten mehr gedient.

Trotz aller Mängel braucht die Bahn den Vergleich zu ihrem Konkurrenten Auto nicht zu scheuen. Nicht in puncto Umwelt und auch nicht in puncto Pünktlichkeit: Welcher Autofahrer, der um 14:12 Uhr in Düsseldorf abfährt, würde sich auf die Ankunftszeit 15:27 Uhr in Münster festlegen? Die Bahn tut dies und wird auf eben diesem Versprechen gnadenlos festgenagelt. Dabei weiß jeder, der die täglichen Staumeldungen im Radio verfolgt, dass auf unseren Autobahnen weit mehr Zeit vergeudet wird als auf der Schiene.