Geschäft mit „gesundem“ Essen

Lebensmittel: Die EU will den Absatz von Produkten mit Zusatzstoffen fördern. Experten warnen jedoch davor.

<strong>Brüssel. Sind es Arzneien oder Lebensmittel? Sie heißen Novi-Saft, kommen aus Tahiti, oder sind High-Tech-Joghurts mit künstlichen Zusätzen und sollen unseren Cholesterin-Spiegel im Blut senken helfen: "Neuartige Lebensmittel", wie zum Beispiel auch Brotaufstriche, Wurstprodukte, Roggenbrot und Milchmixgetränke mit künstlichem Zusatz von Pflanzen-sterinen, sollen leichter genehmigt werden. Auch Coca Cola will Fruchtsäfte und -nektare mit Pflanzensterinen vermarkten dürfen. EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou legte dazu gestern in Brüssel einen Gesetzentwurf vor.

Darin heißt es, nicht mehr die einzelnen EU-Mitgliedstaaten sollen prüfen, ob solche arzneiähnlichen Produkte in die Lebensmittelregale gelangen dürfen, sondern nur die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EBLS). Diese Behörde ist bekannt für ihre sehr industriefreundlichen wissenschaftlichen Bewertungen.

Hersteller solcher neuartigen Lebensmittel sollen künftig auch besser vor Nachahmern geschützt werden und fünf Jahre lang einen "Kopierschutz" für ihre Produkte genießen. EU-Kommissar Kyprianou erklärte, er wolle den "Verbrauchern in der EU die Möglichkeit geben, die neuesten Lebensmittel auszuwählen". Das hieße, solche arzneiähnlichen Produkte würden künftig besser auf der Verpackung gekennzeichnet. Zugleich wolle er "für die Lebensmittelindustrie in Europa günstige Bedingungen schaffen".

Pflanzensterine: Sie sind eng mit dem tierischen Cholesterin verwandt. Im Körper wirken sie jedoch als Gegenspieler. Rapsöl enthält besonders viele pflanzliche Sterine. Pflanzensterine (Phytosterine) konkurrieren im Darm mit dem Cholesterin aus tierischem Fett.

Lebensmittel: Besonders reich an Phytosterinen sind fettreiche Pflanzenteile wie etwa Sonnenblumenkerne und Sesam, aber auch kaltgepresstes Soja-, Mais- und Rapsöl. Herkömmliches Öl aus diesen Pflanzen enthält dagegen weniger Sterine. Das gilt auch für fettarmes Gemüse und Obst. Bisher wurden bereits über 40 verschiedene Phytosterine aus verschiedenen Pflanzen isoliert.

Cholesterin: Mittlerweile ist in der EU eine Vielzahl von Produkten mit Zusatz von Phytosterinen auf dem Markt. Ab einer Tagesdosis von zwei Gramm lässt sich deren positive Wirkung allerdings nicht mehr steigern, denn gut 80 Prozent des Cholesterins stellt der Körper selbst her. Wenn die Aufnahme des Cholesterins aus der Nahrung gehemmt wird, steigert der Körper die Eigenproduktion. Durch regelmäßigen Verzehr von sterinhaltigen Lebensmitteln lässt sich der Cholesterinspiegel um zehn bis 15 Prozent senken. Nicht weniger, aber auch nicht viel mehr.