Doping ist am Arbeitsplatz angekommen
In NRW nehmen rund 174.000 Erwerbstätige leistungssteigernde Mittel.
Düsseldorf. Es ist ein Thema, über das wohl niemand gerne redet: über den Griff zum leistungssteigernden Medikament, wenn Stress und Druck am Arbeitsplatz überhand nehmen. Denn wer gibt schon vor Kollegen und Vorgesetzten zu, dass ihm alles über den Kopf wächst. Experten fordern nun, das Thema zu enttabuisieren. Denn laut einer Studie der DAK in NRW ist es längst in den Betrieben angekommen.
Daten und Fakten zum Doping am Arbeitsplatz sind nach Angaben der Krankenkasse rar. In einer Studie befragte sie nun erstmals rund 3.000 Beschäftigte im Alter zwischen 20 und 50 Jahren.
Laut der Erhebung dopen sich zwar nur bis zu zwei Prozent der Befragten regelmäßig - hochgerechnet sind dies rund 174.000 Erwerbstätige in NRW. Allerdings wussten 43,5 Prozent, dass Medikamente zur Therapie beispielsweise von Alzheimer und Depressionen auch bei Gesunden wirken können.
Fünf Prozent der Befragten nahmen bereits mindestens einmal Mittel zur Leistungssteigerung oder zur Verbesserung der psychischen Befindlichkeit ein. Jeder Fünfte gab an, dass bei der Einnahme dieser Mittel für Gesunde die Risiken im Vergleich zum Nutzen vertretbar seien.
Und mehr als jedem Fünften wurden solche Arzneimittel schon empfohlen. Die Empfehlung kam in den meisten Fällen (49,9 Prozent) von Kollegen, Freunden oder Angehörigen. In 28,3 Prozent der Fälle allerdings auch von Ärzten und in 10,7Prozent von der Apotheke.
Dabei dopen Frauen anders als Männer: Sie nehmen in der Regel Mittel gegen Depressionen, Unruhe und Angst ein. Ihre männlichen Kollegen dagegen greifen zu Medikamenten gegen Müdigkeit und Konzentrationsstörungen.
Katrin Krämer vom Forschungsinstitut Iges, das die Studie erarbeitet hatte, sprach von "alarmierenden" Zahlen. Denn sie zeigten eine hohe Akzeptanz für das Dopen am Arbeitsplatz. Dabei warnen die Experten davor, Medikamente ohne medizinische Begründung einzunehmen, um die Leistung zu steigern: Auf lange Sicht bestehen hohe Risiken durch Nebenwirkungen und die Gefahr einer Abhängigkeit.
Der Arbeitsmediziner Andreas Weber sieht vor allem in individuellen Faktoren wie Minderwertigkeitskomplexen, einer zunehmenden Arbeitsverdichtung und der Angst vor dem Arbeitsplatzverlust Gründe für das Dopen. Dabei hilft es auch nichts, dass die Medikamente verschreibungspflichtig sind. "Wenn sie in Deutschland ein solches Mittel haben wollen, dann kriegen sie es auch", betonte Weber.