Gesundheit: Zeitumstellung ist wider die Natur
Viele Menschen leiden mehrere Wochen unter den Folgen. Das belegt eine Studie der Uni München.
Düsseldorf. In der kommenden Woche werden es viele schwer haben, aus dem Bett zu kommen. Der Grund liegt in der Nacht von Samstag auf Sonntag, wenn die Uhren von 2 auf 3 Uhr um eine Stunde vorgestellt werden. Damit wird die Nacht um eine Stunde kürzer.
Ein Forscherteam um Professor Till Roenneberg an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) konnte feststellen, dass die Umstellung auf die Sommerzeit im Frühjahr die saisonale Anpassung unserer inneren Uhr stört.
Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscher Daten, die sie zum einen von rund 55 000 Menschen in einer großen Fragebogenaktion erhalten hatten, und zum anderen von rund 50 Teilnehmern, die an einem entsprechenden Feldexperiment teilnahmen. "Im Winter ist die innere Uhr auf spät, im Sommer auf früh gestellt. Diese minutiöse Anpassung wird jedoch durch die Zeitumstellung empfindlich gestört", berichtet Roenneberg.
Dies betrifft vor allem die späten Chronotypen - die sogenannten Eulen - ,die die Mehrheit unserer Bevölkerung ausmachen. Diese Menschen sind von Natur aus spät abends besonders aktiv und stehen - wenn es beispielsweise die Arbeitszeiten erlauben - auch etwas später auf.
"Die Eulen waren unseren Daten zufolge nach mehr als vier Wochen nach der Umstellung noch immer nicht an die künstliche Sommerzeit angepasst. Die ,nur eine Stunde Umstellung’, wie sie oft verharmlost wird, hat also tatsächlich einen messbaren Einfluss", so Thomas Kantermann von der Forschergruppe des Instituts für Medizinische Psychologie der LMU.
Wer also ein Spättyp ist, wird die Konsequenzen in den kommenden Tagen vermutlich spüren. Die Beschwerden können von Schlafstörungen und Müdigkeit über depressive Verstimmungen bis hin zu Konzentrationsschwäche und Verdauungsproblemen gehen.
Dass sich die Umstellung auf Sommerzeit durchaus auf die Gesundheit auswirkt, konnten die Wissenschaftler auch anhand ihrer Studie belegen. Roenneberg: "Die innere Uhr der Eulen bleibt einfach auf Normalzeit, während all ihre sozialen Aktivitäten um eine Stunde vorgestellt werden. Aber selbst die innere Uhr von Lerchen stellt sich bei Beginn der Sommerzeit nicht vollständig um."
Dadurch fühlen sich viele Menschen auch Tage nach der Umstellung unwohl, was laut dem Chronobiologen Thomas Kantermann tatsächlich eine biologische Basis hat. "Man kann sich vorstellen, dass ein großer Prozentsatz unserer Bevölkerung in den ersten Wochen nach der Umstellung in einer Art chronischem Jetlag leben muss", sagt Kantermann. So sei ein Leben gegen die innere Uhr - wie es zum Beispiel Schicht- arbeiter führen - ein physiologischer Stressfaktor, der unter Umständen wiederum mit einem veränderten und ungesunden Lebensstil einhergehen kann.
"Es ist somit möglich, dass sowohl der erhöhte physiologische Stress durch die Zeitverschiebung als auch gewisse Lebensumstände ernste gesundheitliche Folgen mit sich bringen können - wie beispielsweise ein erhöhtes Herzinfarktrisiko", sagt Kantermann.
Auch wenn die Zeitumstellung für viele harmlos sein mag, sollten die möglichen Auswirkungen dennoch ernst genommen werden. "Generell darf man kleine Veränderungen in einem biologischen System nicht unterschätzen. Da diese schleichend und langfristig sind, bemerken wir sie kaum. Es ist zu früh, um über einen Effekt der Zeitumstellung auf die Gesundheit der Menschen zu spekulieren. Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass das Problem sehr ernst genommen werden muss und sehr viel genauer erforscht werden sollte."