Freund weg, Geld auch? Bundesgerichtshof will Schwiegereltern-Geschenke neu regeln
Karlsruhe · Verletzte Gefühle sind das eine. Bei Trennungen geht es meistens auch ums Geld. Kompliziert wird es, wenn die Eltern großzügig zugeschossen haben - und den Ex nicht ohne Rückzahlung ziehen lassen wollen.
Hier 10.000 Euro für neue Möbel, da 18.000 Euro für die Einbauküche: Als die Tochter mit dem Freund ins eigene Haus zieht, lassen sich die Eltern nicht lumpen. Keine zwei Jahre später liegt das Glück in Scherben. Ist mit dem Mann auch das Geld weg? Gestritten wird längst über die Anwälte - seit Dienstag in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Der will den Fall für eine größere Neuausrichtung nutzen. (Az. X ZR 107/16)
Was genau ist passiert?
Nach neun Jahren Beziehung kauft sich das Paar 2011 im Berliner Umland ein Haus. Die Eltern unterstützen die beiden mit mehr als 100.000 Euro. Zweimal überweisen sie ihnen Geld für Einrichtung aufs gemeinsame Konto. Weitere größere Beträge gehen direkt an den Notar, das Finanzamt oder den Küchenverkäufer. Ende Februar 2013 ist die Beziehung am Ende. Er bemüht sich vergeblich darum, dass sie ihm ihre Haushälfte abtritt. Inzwischen hat er das ganze Haus ersteigert.
Und das Geld von den Eltern?
Darum wird seit Jahren gestritten. Die Eltern haben den Ex-Freund aufgefordert, seinen Anteil zurückzugeben, also gut 50.000 Euro. Sie behaupten: Das Geld war als Darlehen gedacht, sie hätten es in kleinen Raten wiederbekommen sollen. Der Ex-Freund behauptet: Es sei ihnen förmlich aufgedrängt worden, sie seien darauf gar nicht angewiesen gewesen. Der Vater habe gesagt: „Ihr bekommt das Geld doch sowieso irgendwann, dann könnt ihr es doch jetzt schon nehmen.“
Wie ist das alles rechtlich zu bewerten?
Der BGH hatte es schon häufiger mit Schwiegereltern zu tun, die ihre Großzügigkeit nach der Scheidung bitter bereut haben. Ein Grundsatz-Urteil von 2010 kommt ihnen entgegen, denn seither stufen die obersten Zivilrichter so eine Finanzspritze als Schenkung ein. Das macht Rückforderungen leichter möglich. Vorher war das Geld grundsätzlich weg, wenn das Kind - wie ohne Ehevertrag automatisch der Fall - mit seinem Partner in ehelicher Zugewinngemeinschaft lebte.
Was gilt für Schenkungen?
Sie können rückabgewickelt werden, wenn die „Geschäftsgrundlage“ entfallen ist. Heißt seit 2010 konkret für Schwiegereltern: Sie sind davon ausgegangen, dass die Ehe hält „und das eigene Kind somit in den fortdauernden Genuss der Schenkung kommt“. Scheitert die Ehe, ist diese Geschäftsgrundlage weg. Zahlen muss der Ex-Partner allerdings nur, wenn es den Eltern unzumutbar wäre, am Geschenk festzuhalten. Das lässt sich nicht pauschal bewerten. Für den BGH kam es in den vergangenen Jahren zum Beispiel darauf an, wie lange die Ehe gedauert hat und wie die wirtschaftlichen Verhältnisse aller Beteiligten sind.
Wie funktioniert die Rückabwicklung?
Bisher bekommen die Schwiegereltern so gut wie nie das ganze Geld zurück. Hat das eigene Kind einige Jahre mit in der Immobilie gelebt, hat sich der Zweck ihrer Schenkung ja zum Teil erfüllt. Vor Gericht wird dann haarklein gerechnet. Dabei wird sogar geschaut, wie lang die durchschnittliche Lebenserwartung wäre, die Ehe also theoretisch hätte währen können. Auch im aktuellen Fall hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) 2016 angenommen, „sämtliche Beteiligten“ hätten erwartet, die Beziehung werde „erst mit dem Tod eines der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft enden“. Vier Jahre hat die Tochter selbst im Haus gewohnt. Der Ex-Freund soll den Eltern deshalb rund 47 000 Euro zurückzahlen, knapp 94 Prozent.
Wie sieht der BGH den Fall?
Die Richter haben die Revision des Ex-Freunds selbst zugelassen, um sich die Sache genauer anschauen zu können. Die früheren BGH-Urteile stammen von einem anderen Senat, außerdem ging es immer um Ehen. Macht der Trauschein einen Unterschied? Die Realität sei vielfältig, sagt der Vorsitzende Richter Peter Meier-Beck - nicht jede Ehe hält bis zum Tod, umgekehrt kann eine nichteheliche Lebensgemeinschaft sehr ernsthaft sein. Dem Senat kommt es auch etwas lebensfremd vor, wie bisher die Rückzahlungen berechnet werden: Hätten die Eltern geahnt, dass es mit der Liebe so schnell vorbei ist, hätten sie dem Freund ja vermutlich nicht weniger geschenkt, sondern gar nichts.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Richter nehmen sich für ihr Urteil Zeit bis zum 4. Juni. Vor der Verkündung wollen sie auch mit dem bisher zuständigen Senat das Gespräch suchen. Dass alles beim Alten bleibt, ist aber kaum zu erwarten. Dafür hat der Vorsitzende viel zu viele Bedenken geäußert.