Gesundes aus dem Garten: Arzneitees selbst machen

Bad Wörishofen (dpa/tmn) - Apotheker- und Kräutergarten bieten einen wahren Schatz an naturheilkundlichen Behandlungsmöglichkeiten: Viele Pflanzen lassen sich als Heilkräuter in Form von gesundheitsfördernden Tees verwenden.

Dazu ist allerdings etwas Fachwissen nötig.

Mit einem Zaubertrank aus Misteln hat ein kleines Grüppchen Gallier sein Dorf gegen die Römer verteidigt. Auch der ganzheitlich orientierte Pfarrer Sebastian Kneipp empfahl Mistel-Tee, um Störungen des Blutumlaufes zu behandeln. Viele andere Pflanzenteile finden ebenfalls seit Jahrhunderten Verwendung als Heiltees. Und die sind nicht nur in der Apotheke zu haben. „Es lohnt sich, mit offenen Augen durch den Garten zu gehen: Dort gibt es manch eine unbehandelte Zutat für einen gesunden Tee“, sagt Sven Görlitz, Gartenfachberater vom Verband Wohneigentum in Karlsruhe.

Ganz oben auf der Liste stehen Minzen. Doch angesichts der vielen Sorten ist Vorsicht geboten: „Darunter sind auch giftige Arten, sowie einige mit sehr hohem Menthol-Gehalt, was Magenreizungen verursachen kann“, warnt Manfred Fischer von den Kneipp-Werken in Bad Wörishofen. Auf der sicheren Seite ist man mit einer Mentha x piperita vom Gärtner. „Bei ihr ist untersucht: Die ätherischen Öle lindern Magen-Darm-Beschwerden und steigern Gallenproduktion und -abfluss.“

Ähnlich weit verbreitet ist die Brennnessel. „Sie wird von manch einem Gartenbesitzer gar nicht gerne gesehen, weil sie stark wuchert“, sagt Andrea Danitschek von der Verbraucherzentrale Bayern in München. „Aber wenn man die Triebe ausmerzt, kann man sie prima als Tee verwerten.“ Gerade die ersten frischen Triebe enthalten viele wertvolle Mineralstoffe und Vitamine. „Gleichzeitig steigert Brennnesseltee die Filtrationsleistung der Niere“, erklärt Fischer.

Auch die echte Kamille wächst in vielen Gärten. „Als Tee wirkt sie stark entzündungshemmend und krampflösend zum Beispiel bei gereizten Schleimhäuten oder Gastritis, auf einen Umschlag gegeben fördert sie die Wundheilung, und die aufsteigenden Dämpfe von mit heißem Wasser übergossenen Blüten helfen bei Erkältungsbeschwerden“, erläutert Fischer. Noch stärker krampflösend wirken übrigens die Blüten der Schafgarbe. Die Blätter des Spitzwegerich helfen ebenfalls bei Erkältungen: Ihre Schleimstoffe legen sich wie ein Schutzfilm über die durch Husten oder Räuspern gereizten Schleimhäute.

Dann sind da noch die Küchenkräuter. „Als Heilkraut gerne unterschätzt ist Thymian“, urteilt Danitschek. Dank seiner antimikrobiellen Wirkung trägt Thymiantee dazu bei, bei einer Erkältung die Schleimhautbereiche bakterienarm zu halten. Ein guter Partner ist Salbei: Dieser wirkt entzündungshemmend in Mund und Rachen bei Erkältungen und Druckstellen von Prothesen. Hierzu wird in der Regel mit einem Aufguss gegurgelt. „Salbei-Tee kommt vor allem bei gereizter Magen-Darm-Schleimhaut zum Einsatz“, ergänzt Fischer. Außerdem hemme Salbei die Schweißsekretion und werde deshalb gern bei verstärkter Schweißneigung oder in den Wechseljahren getrunken.

Voraussetzung dafür, dass das Kraut, die Blätter oder Blüten ihre heilsame Wirkung entfalten können, ist die Wahl der richtigen Pflanze. „Das erfordert Fachkenntnisse“, warnt Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände in Berlin. So sei der echte Spitzwegerich kaum vom Breitwegerich zu unterscheiden. „Man sollte auf keinen Fall durch Wald und Wiesen streifen und Pflanzenteile abrupfen. Dazu ist die Verwechslungsgefahr zu groß. Zudem stehen viele Pflanzen unter Naturschutz.“ Ein guter Weg ist stattdessen der gezielte Erwerb und Anbau von echten Heilkräutern im eigenen Garten.

Getrocknete Blätter und Blüten werden am besten vor dem Aufguss zerbröselt. „Dadurch entsteht eine größere Oberfläche, und das Aroma kann sich besser entfalten“, erklärt Görlitz. „Wer frische Pflanzen verwendet, muss etwa die vier- bis fünffache Menge nehmen“, ergänzt Fischer. Zum Aufgießen muss kochendes Wasser verwendet werden. „Nur so ist garantiert, dass mögliche Keime abgetötet werden“, sagt Danitschek. Immerhin wachsen die Pflanzen in Bodennähe, und vor Vogelkot inklusive Salmonellen sind sie auch nicht sicher. „Je nach Pflanze beträgt die Ziehzeit dann zwischen fünf und zehn Minuten.“

Bei aller Begeisterung für gesunden Tee aus dem eigenen Garten: „Er ist höchstens ein sanftes Medikament, welches Heilungsprozesse unterstützen kann“, fasst Apothekerin Sellerberg zusammen. Häufig sei die Menge der vorhandenen Pflanzenteile zu gering, um eine relevante medizinische Wirkung zu erzielen.