Übergewicht: Schwitzen statt Schweinshaxe

Mit einem Aktionsplan soll das Land schlanker werden. Im Zentrum: gesündere Ernährung und mehr Bewegung.

Berlin. Dicke sollen es sich künftig schwerer machen beim Essen. Die Bundesregierung will Übergewichtige zu gesünderer Ernährung und mehr Fitness bewegen, damit überflüssige Pfunde verschwinden. "Es geht weder um eine Essfibel noch um die Verpflichtung, zehn Kniebeugen pro Tag zu machen", sagte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gestern bei der Vorstellung des Aktionsplans Ernährung. Aber in einer Zeit, in der rund 45 Prozent der Erwachsenen körperlich zu wenig tun, muss sich nach ihrer Ansicht etwas ändern. Die Ministerin empfiehlt weniger Zucker, mehr Vollkorn, Obst und Gemüse und vor allem: mehr Bewegung.

Grüne fordern Schulfach Ernährung und Werbeverbote für Süßigkeiten

Ein Radikalprogramm soll es nicht sein, sondern ein Appell an Bevölkerung und Lebensmittelwirtschaft - auch wenn solche Aktionen bisher wenig Umdenken erzeugt haben. Der Aktionsplan gegen Übergewicht, der im Frühjahr 2008 vorliegen soll, geht Grünen und Verbraucherverbänden deshalb nicht weit genug. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast fordert ein Schulfach Ernährung. Nötig sei hierfür "Feuer unter dem Hintern der Landesregierungen", sagte sie im ZDF. Ulla Schmidt hält ein eigenes Schulfach nicht für zwingend, aber einen höheren Stellenwert von Ernährung in der Schule. Künast hatte den Kampf gegen Übergewicht in der Bevölkerung als Vorgängerin von Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) aufgenommen. Sie schlägt auch ein Werbeverbot für Süßigkeiten im Fernsehen vor, das zumindest tagsüber gelten soll. FDP-Chef Guido Westerwelle hält das für "politischen Klamauk". "Oder soll es jetzt etwa ein Auftrittsverbot für den Bullen von Tölz wegen Jugendgefährdung geben?"

Die Lebensmittelindustrie sieht die Schuld bei Computer und Fernseher

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen verlangt konkretere Schritte als mehr Aufklärung, mehr Anreize für Bewegung und besseres Kantinen-Essen. Verbandschefin Edda Müller rief die Lebensmittelindustrie zur Selbstbeschränkung auf. "Ein großer Teil des heiß umkämpften Lebensmittelmarkts wird dazu benutzt, dass man spezielle Produkte für Kinder anbietet", sagte Müller. "Dazu gehören zum Teil auch Dickmacher."

Die Ernährungsindustrie sieht die Schuld für Übergewicht nicht in ihren Produkten. Viele Kinder und Jugendliche säßen zu lange vor dem Computer oder Fernseher, statt im Freien zu spielen, sagte Verbandshauptgeschäftsführer Matthias Horst.