Raum schaffen für neue Sachen
Aufräumen: Nicht jeder kann sich von alten Dingen trennen, obwohl es befreiend wirkt.
Düsseldorf. Der Kleiderschrank von Kathrin B. ist rappelvoll. Auf einer Länge von zwei Metern reihen sich hier Blusen, Hosen, Röcke und Jacken aneinander. Hinzu kommen unzählige Shirts und Pullover. Um die Frühlingssonne zu genießen, braucht Kathrin B. neue Klamotten - dafür muss aber erst einmal im Kleiderschrank Platz geschaffen werden.
Genau das fällt vielen aber besonders schwer. "In die Hose pass’ ich irgendwie noch rein und das T-Shirt ist ein altes Erinnerungsstück" - solche Argumente halten uns davon ab, unser eigentliches Vorhaben erst gar nicht anzugehen. Dabei kann Loslassen, um Platz für Neues zu schaffen, richtig befreiend wirken, wie Familientherapeutin Ulrike Elbers weiß: "Man wird offen und kann sich auf Neues einstellen. Der geschaffene Freiraum im Schrank schafft auch eine innere Freiheit."
Der Frühling ist dafür ideal. Nicht nur die Natur, auch der Mensch erwacht aus seinem Winterschlaf. Wir haben mehr Energie, werden aktiver. Warum sonst bringen wir in dieser Jahreszeit unser Heim in allen Ecken wieder auf Vordermann, entrümpeln den Balkon, richten die Terrasse her und wollen unseren Kleiderschrank ausmisten?
Für viele kann aber allein schon der Gedanke zur Tortur werden - zum Beispiel für Kathrin. Zu fast jedem Kleidungsstück kann sie eine Geschichte erzählen oder denkt sich eine aus, um bloß nichts wegschmeißen oder weggeben zu müssen. "Wichtig ist, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich mit der Gegenwart zu beschäftigen", sagt Elbers.
Wer an einer alten Hose hängt und eines Tages unbedingt wieder reinpassen will, hat nur zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt er ab oder verschenkt das geliebte Kleidungsstück. Ausmisten bedeutet zwar, sich zu trennen, aber nicht in jedem Fall, die Klamotten wegzuschmeißen. "Andere Menschen freuen sich vielleicht noch über die alten Stücke", sagt Elbers. "Sie können der Kirche für ihre Kleiderkammer zur Verfügung gestellt, auf dem Flohmarkt verkauft oder einem Second-Hand-Laden angeboten werden."
Die Familientherapeutin rät weiter, sich zu fragen: "Warum will ich das Stück eigentlich behalten?". Sind es noch gute Blusen, die ich eventuell noch gebrauchen kann oder vielleicht sogar Designerstücke? Wichtig: "Bleiben Sie ehrlich zu sich selbst", so Elbers. Wem es besonders schwer fällt, der sollte das Ausmisten ganz bewusst angehen. "Es ist wichtig zu wissen, dass die Sachen der Vergangenheit angehören. Dieser Teil des Lebens ist zwar vorhanden, aber jetzt zu Ende. Man nimmt bewusst Abschied", sagt die Therapeutin. Und genau dieser Mut ist es, der so befreiend wirkt - man muss sich nur trauen.
Eine Hilfe kann auch der "Ich-weiß-noch-nicht-Korb" sein, den man außer Sichtweite in den Keller oder auf den Dachboden stellt. Er birgt alles, von dem man sich noch nicht trennen kann - sei es aus Sentimentalität oder weil es ein teures Stück war oder weil das Teil mit einer kleinen modischen Veränderung eigentlich noch tragbar wäre. Schon nach kurzer Zeit hat man den Korb samt seines Inhaltes vergessen und der Übergang zur richtigen Entsorgung fällt dann viel leichter.