Verbraucher kaufen unbeirrt weiter
Trotz der Finanzkrise sind die Läden weiterhin voll. Die Kunden legen verstärkt Wert auf hochwertige Ware.
Düsseldorf. In Zeiten der Finanzkrise könnte man meinen, die Deutschen konsumieren weniger, um ihr Geld zusammenzuhalten. Doch das ist falsch gedacht. "Die Menschen konsumieren nicht weniger, dafür aber anders als vor der Krise", fasst Hans-Joachim Karopka, Psychologe des Kölner Rheingold-Instituts für Markt und Medienanalysen, eine aktuelle Studie zusammen.
"Wir nennen es Trotzkonsum. Denn einerseits ist ein Wille zum Sparen vorhanden, andererseits aber wollen die Deutschen auf ihren Lebensstandard und damit bestimmte Sachen nicht verzichten", sagt Karopka. Für viele Bürger sei Geld etwas Abstraktes geworden. "Sie haben das Gefühl, ihnen fließe das Geld durch die Finger", sagt der Experte.
Deshalb kauft die Mehrheit der rund 1600 Befragten qualitativ hochwertige Waren. Karopka: "Damit haben sie einen Wert zum Anfassen und können es auch wirklich nutzen." Zu den meist gekauften Waren gehörten in den vergangenen sechs Monaten vor allem Möbel, Silberbestecke und Flachbildschirme.
Dass die Deutschen weiterhin gerne konsumieren, bestätigt auch der Konsumklimaindex der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) (siehe Kasten). Warum die Deutschen während der Krise vor allem in die eigenen vier Wände investieren, erklärt der Psychologe so: "Das eigene Heim bietet Sicherheit und Rückzugsmöglichkeiten.
Wer beispielsweise Möbel kauft, hat lange etwas davon und kann sehen und anfassen, in was er sein Geld investiert hat." Doch eine gute Qualität der Produkte soll sich nicht etwa nur auf Möbel oder Flachbildschirme beschränken. Auch das Kochen am heimischen Herd hat einen höheren Stellenwert bekommen, als es noch vor einigen Jahren der Fall war.
Fertiggerichte werden zunehmend von frischen Lebensmitteln verdrängt, die die Mehrzahl der Konsumenten auch selbst verarbeitet. Doch woher kommt dieses Umdenken? Laut den Rheingold-Psychologen spielt das Bewusste eine entscheidende Rolle. So wird der Wert einer Mahlzeit erhöht, wenn diese mit genügend Zeit zubereitet wird.
Für ihre Studie befragten die Psychologen die Testpersonen in zweistündigen sogenannten Tiefen-Interviews, in denen verschiedene Themen besprochen wurden. Auch die Finanzkrise kam so ins Gespräch. "Viele wussten nicht, was sie in Zusammenhang mit der Krise fühlen", berichtet Karopka.
Bis auf wenige Ausnahmen sieht die Mehrzahl der Befragten bei sich keine großen finanziellen Einschnitte. Allerdings denken nur diejenigen so, die einen sicheren Arbeitsplatz haben. "Ist der Job dagegen bedroht, spüren die Menschen die Krise", so der Psychologe.
Er konnte auch beobachten, dass die in den Medien dargestellte Finanzkrise von den Menschen anders wahrgenommen wird. "Die Krise ist beim Konsumenten nicht angekommen, weil es ihm in der Summe nicht schlecht geht." Ein gutes Beispiel ist der Benzinpreis. Während im vergangenen Sommer die Fahrt zur Tankstelle schon fast Bauchschmerzen verursachte, hat sich die Situation beruhigt. Karopka: "Das hat den Menschen gezeigt, dass es nicht so schlimm kommen muss, wie es häufig angenommen wird."
Doch trotz der gebliebenen Kauflaune und dem gestiegenen Wert auf Qualität kaufen Verbraucher nicht etwa nur in teuren Supermärkten ein. Auch die Discounter sind nach wie vor gefragt. Dennoch konnten die Psychologen klar feststellen: "Gute Markenartikel setzen sich durch. Das geht von Lebensmitteln über Kosmetika bis hin zur Kleidung", berichtet Karopka und weiß, woher dieser Trend herrührt.
"Die Fußball-WM 2006 war der Katalysator. Damals haben die Deutschen gemerkt, dass es auch anders geht - lockerer und gemeinsam." Mit dem neuen Lebensgefühl entstand vielfach auch ein neuer Lebensstandard, und den wollen sich viele nicht rauben lassen.