Niederlande Das Tor in den Dünen von Texel

De Slufter ist ein besonderes Naturschutzgebiet auf Texel. Kein Deich konnte bislang die Nordsee daran hindern, es immer wieder zu überfluten.

 Im Naturschutzgebiet De Slufter lebt auch eine Herde Wildpferde. Auf schottische Hochlandrinder treffen Wanderer dagegen eher bei Den Hoorn.

Im Naturschutzgebiet De Slufter lebt auch eine Herde Wildpferde. Auf schottische Hochlandrinder treffen Wanderer dagegen eher bei Den Hoorn.

Foto: Daniela Kebel

Gummistiefel sind Pflicht. Das steht ausdrücklich auf der Anmeldungsbestätigung. Und wenn möglich, sollten die Teilnehmer dieser Exkursion ein Fernglas mitbringen. Denn es gibt viel zu sehen in den knapp drei Stunden, in denen es durch die Dünenlandschaft von De Slufter geht. Dick Schermer führt die Gruppe jedoch zunächst auf eine mit Gras bewachsene Düne vor dem Naturschutzgebiet. „Von hier aus haben Sie einen wunderbaren Blick über die Landschaft“, erklärt der pensionierte Lehrer und ambitionierte Natur-Guide. Tatsächlich ist der Hügel hoch genug, um als Aussichtspunkt über einen weiten Teil der Insel zu dienen.

Schmale Muschelwege
und Pfade durch das Gras

Doch im Mittelpunkt der Tour steht die Salzwiesenlandschaft von De Slufter. Schmale Muschelwege führen durch das Schutzgebiet, Warnschilder weisen Besucher darauf hin, dass Hunde an der Leine zu führen sind und die Wege nicht verlassen werden dürfen. Und dass mindestens 25 Meter Sicherheitsabstand zu den Tieren zu halten seien. Abgebildet sind – wie so oft auf den Wanderwegen – Kühe. Naja, Kühe, oder Rinder, wie die schottischen Hochlandrinder bei Den Hoorn, wird es hier wohl nicht geben. Eher geht es wohl um den Abstand zu nistenden Vögeln. Also wandern die 20 Naturfreunde los. Schon nach ein paar Metern verlässt der Guide den Weg und führt die Gruppe mitten durchs hohe Gras. Die winzigen Trampelpfade sind kaum noch erkennbar. Dick Schermer erzählt von Eiderenten und zahlreichen anderen Seevögeln, die in diesem Gebiet brüten, erklärt das Besondere dieser Landschaft. Immer wieder hat das Meer im Laufe der Jahrhunderte die Dünenlinie durchbrochen und die dahinter liegende Ebene überflutet. Seen und Priele sind bis heute geblieben, denn letztlich scheiterten alle Bemühungen, der Nordsee den Weg ins Landesinnere zu versperren.

Bei Flut steigen
die Priele in De Slufter an

Doch genau dadurch ist diese einzigartige Landschaft entstanden. Salzwasserresistente Pflanzen haben sich dort angesiedelt, wie beispielsweise die Grasnelken, die im Frühjahr mit kleinen rosa Blüten blühen. Strandastern tauchen im Juli und August das Gebiet in helles Lila. Ihre Blätter sind übrigens essbar: Früher ein Arme-Leute-Essen, liegen sie heute als Wildgemüse mit leicht salziger Geschmacksnote auf den Tellern.

Langsam bewegt sich die Gruppe durch das Gras, immer wieder entdeckt Schermer Interessantes: Blümchen, ein leeres Nest oder Insekten. Doch der Blick schweift ständig Richtung Küste. Deutlich zu sehen ist das Tor in den Dünen, das die Nordsee reinlässt. Bei Flut steigen die Priele an, ebenso der Pegel der Wasserflächen. Doch nur bei Springfluten wird die gesamte Ebene überflutet. Wie Sandbänke liegen die trockenen Flächen zwischen dem Wasser, eingerahmt von Wiesen. Heller Sand leuchtet beinahe an den Abbruchkanten der Dünen, dort wächst kein Dünengras.

Mit Gummistiefeln
durch die kleinen Bäche

Plötzlich bleibt der Guide stehen, zeigt in die entgegengesetzte Richtung. Acht Wildpferde trotten wie Perlen an einer Schnur über einen Pfad hintereinander her. Jetzt bekommt das Schild am Eingang einen Sinn. Die Herde trabt noch ein Stück, dann grasen die Tiere auf einer sattgrünen Wiese. „Abstand zu halten ist gut“, sagt Schermer. „Aber sie sind friedlich und lassen Menschen auch nahe herankommen.“

Ein paar Minuten später wird auch klar, weshalb Gummistiefel ein Muss sind. War bisher auch alles mit festen Schuhen möglich, muss nun ein etwa zwei Meter breiter Priel überquert werden, dessen Wasser wie ein Bach fließt. Sogar mit Stiefeln muss man sich eine flache Stelle suchen, zwei Teilnehmer mit Schnürschuhen müssen huckepack getragen werden. Und das gleich mehrfach, denn es bleibt während dieser Tour nicht bei einem einzigen Wasserlauf.

Auch den Pferden begegnet die Gruppe ein weiteres Mal. Plötzlich galoppieren einzelne Tiere heran, diesmal weit in der Gegend verstreut. Der Rest folgt im Trab quer durchs Gelände. Mit Sorge blicken alle auf das Eiderenten-Nest einige Meter entfernt, um das die Gruppe leise und vorsichtig einen weiten Bogen geschlagen hatte. Wie durch ein Wunder tritt keines der Pferde darauf.

Die Autorin reiste mit Unterstützung des VVV Texel.