Kolumbien: Wo sich Spaniens Könige erholten

Wer durch die Gassen von Villa de Leyva bummelt, wähnt sich in Andalusien.

Düsseldorf. In der Ferne bellt ein Hund. Und irgendwo ist das Knattern eines Mopeds zu hören. Die Sonne geht gerade auf, und Villa de Leyva erwacht zum Leben. In der kolumbianischen Bergregion, rund vier Autostunden von der Hauptstadt Bogotá entfernt, geht alles etwas gemächlicher zu.

Ein alter Mann in einem typischen Ruana, eine Art Wollponcho, biegt um eine Hausecke und geht in einen Laden, aus dem es köstlich duftet. „Arepas“, meint Reiseleiter Tony fachmännisch. Die Frau hinter der Theke reicht uns einen kleinen dampfenden Maisfladen herüber, dessen Füllung sich als schmelzender Käse entpuppt.

Der alte Mann beäugt die Gruppe neugierig. „Buenos días“, grüßt er in dem typisch schnellen Spanisch der Kolumbianer. Ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus, das so manche Zahnlücke erkennen lässt.

Ausländische Touristen verirren sich nicht so oft in den 12 000-Einwohner-Ort. Noch nicht. Denn es lohnt sich, hier einen Stopp einzulegen auf dem Weg von der Metropole Bogotá zur Karibikküste mit seinem Piratenstädtchen Cartagena.

„Villa de Leyva ist eine Begegnung zwischen der neuen Welt und dem alten Spanien“, schwärmt Tony. Treffender lässt es sich kaum beschreiben. Die spanischen Eroberer gründeten das koloniale Kleinod 1572, wobei die Architektur zeigt, dass die Spanier große Sehnsucht nach ihrer Heimat hatten.

Weiße Fassaden, gebrannte Tonschindeln, kunstvoll gestaltete Holztüren und grüne Fensterrahmen — der Besucher glaubt, in Andalusien zu sein. Wäre da nicht die Luft, die so klar ist wie in den Alpen. „Wir sind hier ja auch auf 2149 Meter Höhe“, erklärt Reiseleiter Tony. Das milde Klima wussten schon die spanischen Vizekönige und Kolonialherren zu schätzen. „Heute kommen die Städter übers Wochenende.“

Für Europäer war Kolumbien lange Zeit tabu. Die Drogenkartelle in Medellín und Cali, ein Top-Platz in der Gewaltstatistik und Guerillakämpfe hatten den Ruf des südamerikanischen Landes zerstört.

Die Lufthansa stellte deshalb 2002 ihre Flüge nach Bogotá ein. Seither hat sich viel getan. Die Wirtschaft boomt, und die Regierung hat sich des Sicherheitsproblems angenommen. „Für Touristen ist es hier nicht gefährlicher als sonst wo in Südamerika“, betont Tony. Seit dem Winter fliegt auch die Lufthansa wieder. Zum Glück, denn so dürfen wir eintauchen in eine vergangene Welt.

Durch kopfsteingepflasterte Gassen geht es vorbei an Gärten voller Bougainvillea zum Hauptplatz von Villa de Leyva. „Der größte städtische Platz in ganz Kolumbien“, erklärt die Frau hinter der Theke stolz. 14 000 Quadratmeter — und fast menschenleer. „Er wird heute fast nur noch für Festivals und Wettkämpfe genutzt“, erzählt Tony. Unser Blick wandert hinüber zu der kleinen Kirche mit ihren massigen und niederen Türmen. Vor dieser Kulisse drehte 1987 Klaus Kinski Teile des Films Cobra Verde.

Am Rande stehen einige junge Männer, die auf dem Dach eines buntbemalten Chiva-Busses Kisten und Bündel mit Süßkartoffeln, Bohnen und Mais befestigen. Sie wollen zum Markt in die Provinzstadt Tunja. Lachen dringt herüber. Doch düster ist die Geschichte des Plaza Mayor.

Noch Anfang des 19. Jahrhunderts stellten die Kolonialherren Schafotte auf, um Freiheitskämpfer zu enthaupten. So manchem Besucher läuft bei der Vorstellung daran ein kalter Schauer über den Rücken. Nur gut, dass es zum Aufwärmen nicht weit ist bis zu einem Café. Dort gibt es eine typische Spezialität des Hochlands: heiße Schokolade — klar, mit Käse.

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