Reisen: Komfort in Londons Kapsel-Hotel
Am Flughafen Heathrow hat ein Hotel im Kleinformat eröffnet.
London. Aus dem Koffer, Reisetasche und Rucksack hat sich der bullige Mann ein Bett gebaut. Oder eher einen Gepäckturm, der seinen Kopf stützt, damit er beim Schlafen im Sitzen nicht so wackelt.
Immer wieder zuckt der Mann zusammen, wenn aus den Lautsprechern eine Durchsage kommt. Mobiltelefone klingeln, Menschen laufen hektisch vorbei - der Flughafen Heathrow bietet eigentlich keine Atmosphäre zum Ausruhen. Außer in den 32 Kapseln des modernen Hotels im Kleinformat.
Nicht erst seit dem Gepäck-Chaos am neu eröffneten Terminal 5 ist Europas größten Flughafens Heathrow für Chaos berüchtigt. Doch etwas versteckt liegt eine unwirkliche Welt, die dem Reisenden neue Perspektiven eröffnet und künftige Standards setzen will: das Yotel.
Firmengründer Simon Woodroffe, der auch schon eine Sushi-Kette ins Leben rief, erzählt gerne die Geschichte, wie er einmal wegen einer Überbuchung Erste Klasse fliegen durfte und über den Wolken ein richtiges Bett vorfand. "Ich schlief mit dem Gedanken, wie ich im Westen Akzeptanz für ein japanisches Kapselhotel schaffen kann. Ich wachte auf und wusste: Der Designer der Ersten Klasse von British Airways soll mir eins entwerfen." Priestman Goode, die Londoner Firma, die auch für die Luxus-Inneneinrichtung im Airbus A380 verantwortlich ist, machte sich gleich ans Werk.
Und so erinnert das Minihotel hinter der gläsernen Schiebetür im Terminal 4 auch stark an ein Flugzeug-Interieur. Die Wände sind wie im Jet aus hellem Kunststoff, die Fenster der Schlafkabinen haben die typischen abgerundeten Ecken. Den Boden bedeckt ein dunkler Teppich. Violettes Licht in den zwei verwinkelten Gängen sorgt für eine außerirdische Atmosphäre. Untypisch nur: Es ist absolut ruhig. Heathrows ganzer Lärm ist draußen geblieben.
Die Yotel-Kabinen sind für den schnellen Schlaf nach und vor dem Flug oder für Verspätungen gedacht. Auf sieben Quadratmetern findet der Gast trotzdem alles, was er benötigt: Alkoven-Bett, Fernseher, Internetanschluss und eine Dusche. Alles ist Platz sparend konzipiert. Der Tisch verschwindet in der Wand , der Stuhl in der Tür.
Im Yotel lassen sich für 25 Pfund, umgerechnet knapp 32 Euro, vier Stunden Schlaf tanken. Genau diese Zeit hat sich Cecile Girardin bis eben gegönnt. Früh morgens ist die Französin in London gelandet, erst am Nachmittag geht es weiter nach Australien. "20 Stunden Flug liegen noch vor mir, da brauchte ich vorher noch mal ein Bett und eine Dusche", sagt sie. Spontan hat die junge Frau mit ihren zwei großen Koffern im Yotel eingecheckt. Denn mit dem Schlafen wollte es im Terminal nicht so recht funktionieren. "Es war einfach zu hektisch", sagt die Französin.