Weltausstellung in Japan Osaka: Atemlose Stadt mit einer Obsession fürs Essen

Osaka · Die japanische Metropole richtet vom 13. April bis 13. Oktober die Expo 2025 aus. Besucher können sich auf eine rastlose Stadt freuen, in der wenig unmöglich scheint - mit Ruhepolen für zwischendurch.

Osaka: Atemlose Stadt mit einer Obsession fürs Essen
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Für die Sinneswahrnehmung ist Osaka eine permanente Herausforderung. Dieser Eindruck zementiert sich bereits nach wenigen Stunden. Das Viertel Shinsekai im Süden der City etwa besteht aus Restaurants und Geschäften, deren Fassaden mit bunten Neonreklamen, kalligraphierten Schriftzügen, Manga-Figuren und Comic-Helden verziert sind. Es duftet nach einer verwirrenden Vielzahl von Speisen, für deren Verzehr vor den Lokalen postierte Frauen und Männer werben.

Erst der Besuch von Tower Knives verschafft etwas Ruhe. Das Fachgeschäft für handgeschmiedete Messer mit ebenso harten wie scharfen Klingen ist nach dem Wahrzeichen des Viertels benannt, dem Tsutenkaku-Turm. Wie der kanadische Eigentümer Bjorn Heiberg erklärt, suchen Kunden aus aller Welt seinen Laden auf. Die Qualität japanischer Messer sei unerreicht - und bei der Zubereitung vieler Speisen müsse jeder Schnitt sitzen. Doch dazu später mehr.

Als Shinsekai bei der Stadterweiterung 1912 die Funktion eines Ausgeh- und Vergnügungsviertels erhielt, entstand eine erste Version des Turms als Zwitter aus Arc de Triomphe und Eiffelturm. Ein Konstrukt von zweifelhaftem ästhetischem Wert, das 1956 ersetzt wurde. Seitdem wacht ein 103 Meter hohes Bauwerk mit oktogonalem Grundriss über das Viertel.

Künstliche Inseln in Sicht

Von der Aussichtsplattform sind bei klarer Sicht die Umrisse der künstlichen Inseln in der Bucht von Osaka zu erahnen, wo die nach Tokio und Yokohama drittgrößte Stadt Japans ihren Hafen, Vergnügungsparks und nun die Expo 2025 untergebracht hat. Die Weltausstellung findet dort auf Yumeshima statt.

Reizvolle Architektur aus der Gründerzeit sucht man indes vergeblich. Wie vielerorts im Lande wurden die Bauten durch erdbebensichere Nachfolger ersetzt. Das ist auch in der angrenzenden Nipponbashi Denden Town nicht anders. Das Viertel steht vollends im Zeichen der Unterhaltungskultur, wie in Tokio das bekannte Akihabara.

Grell blinkende Elektronikmärkte wechseln sich mit Fachgeschäften für Mangas und andere Popkulturen ab. Oberhalb des Straßenniveaus sind die Häuserfassaden mit Bildern überlebensgroßer Roboter oder mit den Konterfeis japanischer Fernsehstars verkleidet. Damit keine Langeweile aufkommt, sorgen auf Augenhöhe Automatenformationen für Abwechslung. Hier können sich Passanten mit frisch gepressten Säften, scharfen Soßen oder Softdrinks eindecken.

Küche für Gourmets und Wagemutige

Osaka zählt offiziell 2,8 Millionen Einwohner. Doch der Ballungsraum mitsamt der Nachbarstädte Kyoto und Kobe kommt auf rund 19,3 Millionen Einwohner und zählt damit zu den bevölkerungsreichsten Metropolregionen der Welt.

Ein nicht unerheblicher Teil davon scheint sich rund um die Uhr im Stadtviertel Namba aufzuhalten, wo sich zugleich die Vermutung bestätigt, dass die Menschen in Osaka vom Essen besessen sind. Der Guide Michelin erwähnt über 200 Lokale, von denen über 70 mit wenigstens einem Stern dekoriert sind. Osaka ist als die Küche der Nation bekannt, gilt als kulinarische Hauptstadt des Landes.

Der ultimative Beweis für diese Obsession ist der Kuromon Ichiba Market. In einer überdachten Passage türmt sich auf knapp 600 Metern alles auf, wofür die japanische Küche Zuneigung erfährt: frisch frittierte Tempura, fotogen angerichtete Sushi, Gebirge aus gegrillten Fleischspießen (Yakitori) sowie exotische Meeresfrüchte von Königskrabben bis zu Seeigeln.

Außerdem wären da noch Toko-yaki. Die frittierten Kugeln von der Größe eines Tischtennisballs sind mit Oktopusfleisch gefüllt und Osakas Leib- und Magensnack. Kurzum: Der Markt ist ein Street-Food-Paradies mit 160 Ständen - und günstigen Preisen.

Wagemutige Esser zieht es unterdessen zum Minami Fish Store. Die schlichte Eckbude hat sich auf eine Spezialität kapriziert, um die man außerhalb Japans selbst im Zeitalter kulinarischer Aufklärung einen Bogen macht: Sashimi vom Kugelfisch, dessen Verzehr bei unsachgemäßer Entfernung giftiger Körperteile tödlich sein kann.

Ein Fall für präzise Schnitte mit Messern aus einheimischer Produktion. Wie der Koch Gaku Imagawa vom Restaurant „Utsubohommachi Gaku“ erklärt, bedarf es für die Zubereitung von Kugelfisch einer Lizenz: „Seitdem gibt es kaum noch Zwischenfälle.“

Verschnaufpausen im Ausgehviertel

Weiter geht es nach Dotonbori, wo sich das Unterhaltungsprogramm an den Häuserfassaden fortsetzt: Mal strebt eine riesige Krabbe mit sich bewegenden Beinen in die Höhe, dann wieder versucht ein Spiderman im Superheldenkostüm eine Jakobsmuschel zu knacken. Auch die nahende Expo 2025 ist hier mit auffälligen Schilderensembles vertreten.

Unumstrittener Star in Dotonbori aber ist der rennende Glico Man. Die Figur wirbt seit 1935 als fünf Stockwerke hohe Leuchtreklame für einen Lebensmittelproduzenten. Dabei hat sie getreu der Gesetze der Aufmerksamkeitsökonomie mehrfach ihr Aussehen an die Zeit und besondere Anlässe angepasst. Heute dient die athletische Figur vor allem als Kulisse für Selfies, was am Dotonbori-Kanal und der nahen Ebisu-Brücke regelmäßige Fußgängerstaus zur Folge hat.

Doch Dotonbori, obwohl heute Ausgehviertel Nummer eins, bietet auch Optionen für Verschnaufpausen. Offene Ausflugsboote schippern bedächtig über den Kanal, wobei sie neue Blickwinkel auf die hyperventilierende Umgebung gestatten. Unterwegs passieren sie den Ebisu Tower, das erste ovale Riesenrad des Planeten, das zu einer weiteren Auszeit in 77 Meter Höhe einlädt.

Eröffnet wurde das Riesenrad im Jahr 2005 als ein Blickfang für einen der gigantischen Krimskrams-Läden, deren Sortiment von Glitzerjacken mit Kung-Fu-Motiven bis zu Schokoriegeln mit Wasabi-Geschmack reicht. Ein nachvollziehbarer Gedanke, da die Konkurrenz in Dotonbori enorm ist.

Rund um den Sankaku Park etwa decken sich Osakas Hipster mit Vintage-Kleidung ein, die sie vor Ort auf dem Skateboard ausführen. Die um die Ecke gelegene Orange Street fungiert derweil als Leistungsschau japanischer Designer. Eine Umgebung, in der sich internationale Fashion-Labels wohlfühlen. Außerdem ist da noch die notorisch überfüllte Shinsaibashi-suji-Passage, eine Einkaufsmeile, die sich über acht Straßenblocks ausbreitet.

Eine Burg als Ruhepol

Osaka mag hyperaktiv und überdreht wirken, doch es ist auch aufgeräumt und zeigt ruhige Facetten. Müll sucht man so vergebens wie hupende Autos oder rücksichtslose Radfahrer. Für Entspannung schon bei dem Gedanken daran sorgt im Nordosten der City ein bekannter Rückzugsort: die ehrwürdige Osaka-Burg.

Das 55 Meter hohe Bauwerk ist auf einer Fläche von rund einem Quadratkilometer von zwei Wassergräben und mächtigen Gemäuern umgeben. 1583 fertiggestellt, wurde der überwiegend aus Holz gefertigte Bau immer wieder zerstört und neu aufgebaut.

Mit ihrer verschachtelten Dachkonstruktion hält die weiß getünchte Burg die Erinnerung an das geheimnisvolle Japan vergangener Jahrhunderte wach. Mittlerweile aus Beton rekonstruiert, beherbergt sie seit 1997 ein Museum. Hier gibt es weder Neonreklamen noch Essensgerüche. Die einzigen Stimulanzen für die Sinne sind Gebetsschreine und ein weitläufiger Park mit Kirsch- und Pflaumenbaumhainen.

Links, Tipps, Praktisches:

Reiseziel: Osaka liegt im Südwesten Japans in der Region Kinki.

Anreise: Mit dem Flugzeug über Tokio, Dubai oder Amsterdam zum Kansai International Airport. Alternativ bietet sich auch der Flughafen Kobe an.

Einreise: Notwendig ist ein Reisepass, auch ein vorläufiger Reisepass wird akzeptiert.

Geführte Stadtrundgänge: Für kostenlose Führungen von Einheimischen kann man sich unter osakafreewalkingtour.com oder osakalocalized.com anmelden, die Guides erwarten Trinkgelder.

Expo 2025: Die Expo 2025 beginnt am 13. April und dauert bis zum 13. Oktober. Das Expo-Gelände befindet sich auf der künstlichen Insel Yumeshima, die per U-Bahn an die Innenstadt angeschlossen ist. Das Areal ist von einem kreisförmigen Wall mit zwei Kilometern Umfang umgeben und zählt 40 Pavillons von Ländern, Staatengemeinschaften und Organisationen. Der deutsche Pavillon aus zylindrischen Gebäuden verkörpert schon baulich sein Leitthema rund um nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Ein Expo-Tagesticket für Erwachsene kostet regulär 6700 Yen (umgerechnet 41,50 Euro).

Weitere Auskünfte: osaka-info.jp, www.japan.travel

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(dpa)