Rhodos: Prächtige Mosaiken und Gemälde

Die älteste Synagoge des Landes steht auf Rhodos und ist ein echtes Juwel. Und nur wenig bekannt.

Von den mehr als 200 000 deutschen Urlaubern, die jedes Jahr auf die griechische Insel Rhodos kommen, verirren sich nur wenige in die Dossiadou-Straße mitten im ehemaligen Judenviertel der Altstadt von Rhodos-Stadt. Denn die „Kahal Shalom Synagoge“, das älteste und schönste jüdische Gotteshaus Griechenlands, ist in keiner Liste oder Karte der Sehenswürdigkeiten der Insel verzeichnet.

Dabei kann das Juwel durchaus mit dem Großmeisterpalast der Johanniter-Kreuzritter, mit der Ritter-Straße und anderen Sehenswürdigkeiten konkurrieren. Warum die 435 Jahre alte Synagoge mit den prächtigen Fußboden-Mosaiken und Wandgemälden anders als die orthodoxen Kirchen und die Moschee nicht verzeichnet ist, erklärt Carmen Cohen, Administratorin der Jüdischen Gemeinde Rhodos, so: „Es gibt eben auch hier Anti-Semitismus.“

In den Nebenräumen der Synagoge, in denen früher die Frauen den Gottesdienst verfolgten, ist heute ein Museum eingerichtet. Die ersten Juden kamen schon im Altertum auf die Insel. Aber 1492 setzte eine wahre Völkerwanderung ein: Viele Juden flohen vor der spanischen Inquisition. Seither wurde in der Gemeinde vorwiegend „Ladino“, eine Mischung aus Spanisch und Hebräisch gesprochen. Die Gemeinde prosperierte und konnte sich ein prächtiges Gotteshaus leisten. Die deutschen Besatzungstruppen, die 1943 nach Rhodos kamen, zerstörten die Synagoge.

Viele der damals 4000 Juden flohen nach Übersee. Am 24. Juli 1944 ließ der deutsche Inselkommandeur General Ulrich Kleemann die verbliebenen 1673 Juden festnehmen und nach Auschwitz bringen. Die Wehrmacht beschlagnahmte den ansehnlichen jüdischen Besitz und finanzierte davon den Unterhalt der deutschen Soldaten auf der Insel.

Die Distanz, mit der heute Rhodos der jüdischen Gemeinde und ihrer Synagoge begegnet, könnte damit zusammenhängen, dass etliche Inselfamilien bis heute von den Enteignungen durch die Wehrmacht profitieren, weil sie billig an Läden und Grundstücke in bester Lage herankamen. Nur 151 Deportierte überlebten den Holocaust. „Ich bin wahrscheinlich der Letzte, der von den nach Auschwitz deportierten Juden heute noch lebt“, sagt Sami Modiano (80) und zeigt zum Beweis die auf seinen Unterarm tätowierte KZ-Nummer. „Ich kam mit 13 nach Auschwitz, wo meine Familie ausgelöscht wurde.“

Heute steht Sami am Eingang der Synagoge, setzt den männlichen Besuchern eine „Kippa“ aufs Hinterhaupt und führt sie herum. Er verabschiedet sich mit dem Friedensgruß. Bis zu ihrem Tod im April 2010 führte auch Samis Cousine Lucia, ebenfalls eine Auschwitz-Überlebende, durch die Kirche.

In den vergangenen zehn Jahren ist aus dem Trümmerhaufen wieder ein Juwel geworden, mit einem prächtigen Gebetstisch („Tevah“), exakt nach Jerusalem ausgerichtet, und mit 800 Jahre alten Thora-Rollen, die vor der Inquisition geflohene Juden aus Spanien mitbrachten.

Heute zählt die jüdische Gemeinde der Insel nur noch 30 Mitglieder. Einen eigenen Rabbiner kann man sich nicht mehr leisten. Auch die Wiederherstellung der Synagoge war nur dank der „Rhodes Jewish Historical Foundation“ unter dem Anwalt Aron Hasson in Los Angeles und vieler Spender, auch aus Deutschland, möglich.