Abstecher zu den Römern

Radeln entlang der Altmühl: An der Quelle in Mittelfranken beginnt eine der schönsten Strecken.

Der Ursprung der Altmühl ist nicht so leicht zu finden. Die Quelle liegt hinter einem Bauernhof in der Nähe von Hornau. Dort, mitten auf einer Wiese in Mittelfranken, sprudelt klares Wasser aus einer Steineinfassung, und ein Hinweisschild versichert, dies sei der Ursprung der Altmühl. Das bisschen Wasser, das dort herauskommt, entwickelt sich auf rund 230 Kilometern zu einem der schönsten Flüsse Nordbayerns. Und dicht an ihm entlang führt eine ebenso schöne Radroute: der Altmühl-Radweg.

Wer erst einmal testen will, ob Radurlaube sein Metier sind, ist hier gut aufgehoben. Startpunkt der Tour ist das fränkische Rothenburg ob der Tauber. Hier findet sich eine mittelalterliche Innenstadt, für die sich auch viele amerikanische und japanische Touristen begeistern. An der weiteren Strecke liegen Städtchen wie Treuchtlingen, Weißenburg, Eichstätt oder Beilngries, bevor Kelheim den Endpunkt des Altmühl-Radwegs markiert. Die Richtung flussabwärts wählen nach Auskunft vom Naturpark Altmühltal drei Viertel aller Radreisenden. Rund 67 000 Radler fahren jährlich diese Tour.

Abgesehen von den ersten 20 Kilometern sind die Radler dem Fluss sehr nah, überqueren ihn zuweilen oder fahren über Kilometer direkt am Ufer entlang. Es geht durch weite Wiesen und Felder, auf denen mit etwas Glück Störche beobachtet werden können, und vorbei an den Felswänden des Jura, in die der Fluss sich seinen Weg tief hineingegraben hat. Am bekanntesten ist dort die Dolomitformation der Zwölf Apostel. Und es geht vorbei an Burgen und Schlössern. Zum Ende der Strecke, ab Dietfurt, hat der Mensch die natürliche Altmühl in den zweckmäßigen Main-Donau-Kanal verwandelt.

Auf diesen gut 30 Kilometern bis nach Kelheim bieten vor allem die vielen kulturellen Schätze der Region Abwechslung — beispielsweise die längste Holzbrücke Europas in Essing. Am Ziel wartet zwischen mächtigen Felswänden der natürliche Verlauf der Donau. Und wer will, kann gleich auf dem Donau-Radweg weiterfahren — sogar bis ans Schwarze Meer.

Will man von oben auf die Donau schauen, müssen in Kelheim ordentliche Steigungen bewältigt werden. Für den Altmühl-Radweg gilt das nicht: Da die Route meist sehr nah am Flussufer entlang führt, gibt es wenig Steigungen, während sich ab dem zweiten Drittel der Strecke links und rechts die Berge erheben. Die Tour ist ohne Eile in fünf Tagen zu bewältigen.

Abstecher lohnen sich zum Beispiel nach Berching, einem Örtchen gut zehn Kilometer nördlich von Beilngries. Der Weg dorthin führt etwas eintönig am Main-Donau-Kanal entlang. Dann aber überzeugt das mehr als 1000 Jahre alte Berching durch seine mittelalterliche Stadtbaukunst, allem voran durch die begehbare Wehranlage, auf der Besucher das Zentrum einmal umrunden. Auch die Sehenswürdigkeiten in Eichstätt, wie die Willibaldsburg, rechtfertigen, etwas länger in der barocken Bischofs- und Universitätsstadt zu bleiben. Die mittelalterliche Anlage liegt auf einer Anhöhe, die am besten zu Fuß zu erklimmen ist. Von oben bietet sich ein weiter Blick über die Stadt auf der einen und das Kloster Rebdorf auf der anderen Seite.

Die Liste lässt sich fortsetzen: Gleich zu Beginn des Altmühl-Radwegs kann die Strecke so variiert werden, dass die markgräfliche Residenzstadt Ansbach auf dem Weg liegt. Die Frage, ob es links oder rechts um den Altmühlsee bei Gunzenhausen herumgeht, entscheidet darüber, ob ein kurzer Besuch der Umweltstation Altmühlsee möglich ist. Der Abstecher von Treuchtlingen nach Weißenburg lohnt sich für all jene, die wissen wollen, wie die Römer einst badeten.

Denn dort liegen am westlichen Stadtrand das Römerkastell Biriciana und die Ausgrabung der römischen Thermen. In der erstaunlich gut erhaltenen und rekonstruierten Anlage mit einem ausgefeilten Heizsystem entspannten einst die Römer, reinigten sich — und plauderten in den Warmwasserbecken.

Auch wenn der Altmühl-Radweg kein Geheimtipp ist, er birgt doch eine Menge kultureller Höhepunkte, schöne Natur und viel Raum für individuelle Tourengestaltung. Es gibt etliche freundliche Vermieter, die auch für einzelne Nächte ihre Zimmer zur Verfügung stellen. Wer an der Strecke in den Dörfern nach einer Unterkunft fragt, lernt mit großer Wahrscheinlichkeit die gastfreundliche Seite der Bayern kennen: Gute bajuwarische Küche, zahlreiche lokale Bierköstlichkeiten und die gute Ausschilderung der Wege.