Schwäbische Alb: Hühner, Heu und Hügelland
Im Urlaub von Hof zu Hof ziehen und dabei auch richtig mit anpacken.
Hochberg. Jede Menge Katzen, 20 Milchkühe, zehn Mastschweine und 30 Hühner - das ist der Bauernhof von Pia und Walter Münch in Hochberg auf der Schwäbischen Alb. Drei Generationen leben auf dem Gehöft, die Großeltern, die beiden Bauersleut’ und ihre Kinder Sarah, Laura und Lukas.
Eine ländliche Idylle hoch über den sattgrünen Wiesen und den weiten Wäldern des Dobeltales. Im Sommer haben die Münchs Besucher in Haus und Stallungen: Bei der "Albhof-Tour" ziehen die Urlauber von Hof zu Hof und lernen dabei das Leben und Arbeiten der Bauern, Imker, Schäfer und Fischer kennen.
"Wir wollen keine Bilderbuchromantik vermitteln, sondern unseren Alltag zeigen, mit seinen schönen und manchmal auch weniger angenehmen Seiten", sagt Pia Münch. "Die meisten Gäste wissen nicht, wie viel Arbeit Tag für Tag auf dem Land anfällt." Die Landwirtin lädt deshalb in den Kuhstall ein und fragt:
"Wie viel Futter frisst wohl jede Kuh am Tag, um ihre 20 Liter Milch zu geben?" Ahnungslos schütteln die Urlauber den Kopf. "Dann schaufeln Sie soviel Heu und Stroh zusammen, bis Sie meinen, es reicht aus", sagt die Bäuerin aufmunternd und drückt den Gästen sogleich Heugabeln in die Hände. Bis zu 40 Kilo Futter aus Gras- und Mais-Silage, Heu, Soja, Raps und Mineralstoffen häufen sich am Ende zu einem kleinen Berg.
Viele solcher Erlebnisse gibt es bei der Albhof-Tour, die vor acht Jahren nach den Ideen der drei Landwirtinnen Pia Münch, Elsbeth Laux und Andrea Traub auf der Mittleren Schwäbischen Alb entstand, etwa 60 Kilometer südöstlich von Stuttgart. So können Gäste beispielsweise Butter schütteln, Honig schleudern und beim Fertigen frischer Nudeln mit anpacken.
Insgesamt 16 landwirtschaftliche Betriebe im Kreis Reutlingen zählen heute zur Albhof-Tour. Alle sind durch ein gut gekennzeichnetes Wander- und Radwegenetz miteinander verknüpft. Zusätzlich gibt es um jeden Betrieb gut ausgebaute Rundwanderwege. Die Touren können individuell zusammengestellt oder pauschal über das Tourismusbüro Reutlingen gebucht werden.
"Mit der Albhof-Tour bringen wir Landwirtschaft, Naturschutz und Tourismus unter einen Hut", sagt Tanja Ulmer von Reutlingen-Tourismus, die das Engagement der Landfrauen von der Alb unterstützt.
Jeder der 16 teilnehmenden Betriebe hat sich verpflichtet, einen überdachten Rastplatz und - für den Fall, dass die Bauersleute auf dem Feld sind - wenigstens den Vesperkorb mit einer zünftigen Brotzeit bereitzustellen. Außerdem laden die Landwirte zu Hofführungen ein, bei denen so manches "G’schichtle" aus längst vergangenen Zeiten aufgewärmt wird. Immerhin gilt das karge Albland mit seinen bis über 900 Meter aufragenden Höhenzügen und langen Winterwochen auch als Schwäbisch Sibirien.
Eines der Angebote richtet sich an sportliche Fahrradurlauber. Die "10-Höfe-Tour" verläuft in fünf Etappen über insgesamt 60Kilometer durch die Wiesen und Wälder zwischen Münsingen und Zwiefalten. Übernachtet wird auf Bauernhöfen, in kleinen Landgasthäusern, Radlerhütten oder auf dem Heuboden. Wer Lust hat, kann gleich am ersten Abend beim Wanderschäfer Ernst Fauser in Pfronstetten das müde Haupt in einem original restaurierten Schäferkarren zur Ruhe betten - und dabei in seinen Träumen Schäfchen zählen.
Durch das einsame Hügelland führt die Route zum Imker, in den Kuhstall der Familie Münch, zur Fischzucht von Jörg Illing und zu den Sonderbucher Landeiern. Aus denen werden auf dem Hof von Anita und Rainer Bendel in Zwiefalten-Sonderbuch frische Nudeln und Eierlikör. Bendels kleines Hofprogramm unter dem Motto "Vom Hühnerei zur Nudel" erläutert den Gästen die verschiedenen Schritte der Nudelfertigung.
"Besonders die Kinder finden es total spannend zu erleben, wie beispielsweise Spinatnudeln oder Nudeln mit Kräutern gefertigt werden." Auf der Albhof-Tour warten weitere ungewöhnliche Entdeckungen. Eine abenteuerlich anmutende Kahnfahrt auf der Zwiefalter Aach bietet die Wimsener Höhle nahe Hayingen. Mit kleinen Nachen geht es in der einzigen befahrbaren Felsenhöhle Deutschlands mehr als 70 Meter hinein ins Erdinnere.
Wie kamen die Büffel auf die Alb? Diese Frage stellen die Reisenden am letzten Tag ihrer lehrreichen Radtour in der Hohensteiner Hofkäserei an den Büffelbauern Helmut Rauscher. Für die Gäste steht der Hofbesuch unter dem Motto "Vom grünen Gras zum aromatischen Käse".
Hin und wieder lassen die Landleute auch Gäste für mehrere Tage an ihrem Leben teilhaben. Wenn Wanderschäfer Fauser auf der Hayinger Wachholderheide mit seinen 300 Schafen unterwegs ist, wird ihn ein Urlauber aus Stuttgart eine ganze Woche lang begleiten.