Senioren-Backpacker: Abenteuerlust und Haartönung im Gepäck

Huay Xai (dpa/tmn) - Rucksack, Reiseführer und eine vage Route - so entdecken junge Backpacker normalerweise die Welt. Sie sind dabei nicht unter sich: Das Abenteuerleben aus dem Rucksack genießen auch Ältere.

Am Einwanderungsschalter der laotischen Grenzstadt Huay Xai herrscht Riesengedränge. Mit den letzten Booten des Abends sind noch rund 25 Rucksacktouristen aus Thailand über den Mekong gekommen. „Immer mit der Ruhe“, sagt einer, „aus dem Drängelalter bin ich raus.“ Christoph (53) Heizungsfachmann aus Bad Kreuznach, hat die Ruhe weg. Im Pulk der vielen jungen Rucksacktouristen sticht er mit seinen grauen Haaren heraus. Aber er ist nicht der Einzige. In Thailand und Laos sind jede Menge ältere Semester mit dem Rucksack unterwegs.

Rucksackreisen gehören zum Studenten- und Berufsanfängerleben wie Wohngemeinschaft und Nudelauflauf. Aus wenig Geld viel machen, ist die Devise. Doch ist das Reisen ohne feste Route und mit wenig Gepäck längst nicht mehr nur nach dem Geschmack von jungen Leuten.

„Wir sind vor 30 Jahren jedes Jahr mit dem Rucksack los: Indien, Australien, Thailand - herrlich“, erzählt Kristina (51) aus Dortmund. „Dann kamen die Kinder und die Familienurlaube. Aber jetzt studieren unsere Söhne, da wollten wir uns beim Reisen mal wieder von Lust und Laune treiben lassen.“ Mit ihrem Mann Karsten (56) ist sie mit dem Rucksack losgezogen, von Bangkok per Nachtzug nach Chiang Mai in Nordthailand und dann im Minibus nach Laos. „Wir waren nicht sicher, ob uns die jungen Leute schief ansehen - aber nichts dergleichen.“

Luang Namtha in Nordlaos ist das Tor zur Trekkingwelt. Entlang der Hauptstraße reihen sich die Veranstalter, die kleine und große Wanderungen sowie Kajaktouren anbieten. „Bitte nichts Anstrengendes“, sagt Jean-Marie aus dem französischen Jura. Der Pensionär (72) ist mit seiner Frau Noelle unterwegs. Das Zugeständnis ans Alter: Ihre Rucksäcke haben Rollen.

„Kein Problem“, sagt der junge Reiseleiter. „Wir machen eine vierstündige Tour, mit drei Dörfern und Picknick, dafür haben sich schon andere in eurem Alter angemeldet.“ Die Wanderung am nächsten Tag wird ein voller Erfolg. Zu sechst ist die Truppe unterwegs, alle jenseits der 50. Als es dann doch mal ziemlich steil und der Waldboden rutschig wird, schneidet der Wanderführer mit seinem Buschmesser kurzerhand ein paar Wanderstöcke zurecht.

„Wir sind schon zum dritten Mal mit dem Rucksack unterwegs“, sagt Jean-Marie. „Beim ersten Mal hat unser Sohn Flüge und Hotels vorgebucht, aber dann haben wir gemerkt: Wir kommen auch allein zurecht“ - und das sogar mit wenig Englisch. Mit dem Rikscha-Fahrer feilschen? Die Pensionen auf der Suche nach einem Zimmer abklappern? „Das klappt auch ohne gemeinsame Sprache“, sagt er.

Doreen (64) und Bernard (68) aus Kanada sind mit der Dortmunderin und ihrem Mann Karsten beim Abendessen auf einem lokalen Markt ins Gespräch gekommen. Die Vier sind spontan gemeinsam weitergereist nach Nong Khiaw, einem kleinen malerischen Ort weiter im Osten. „Wir haben diese Superpension mit Terrasse zum Fluss gefunden - ein bisschen teuer, aber was soll's“ sagt Doreen abends. Das Privileg der Älteren, die nicht wie viele der Jungen mit einem superknappen Budget unterwegs sind. Bernard schreibt aus Internetcafés unterwegs einen Reiseblog, damit die Enkel Opas Abenteuer verfolgen können.

Die Vier nehmen schließlich das Boot auf dem Fluss Nam Ou Richtung Luang Prabang. Die eigentlich sechsstündige Fahrt voller Hindernisse - kaputter Motor, Sandbänke, Zwangspausen - dauert ewig. Aber die Stimmung unter den 25 Reisenden aller Altersstufen ist bestens. Auf den schmalen und eng besetzten Planken erklärt ein 24-jähriger Lichtdesigner aus Zürich den Älteren seinen Beruf, Karsten (56) fachsimpelt mit einer Französin über die neuesten Apps. Es gibt keine Altersbarrieren. Und sonst Unterschiede zwischen den jungen und älteren Backpackern? „Im Unterschied zu früher reise ich mit zwei Portionen Haartönung im Gepäck“, sagt Doreen trocken.

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