„Tierra Santa“: „Disneyland“ für Gläubige

Buenos Aires (dpa) - Das alte Jerusalem der Bibel findet man heute am Rande der Millionen-Metropole Buenos Aires. Der religiöse Themenpark „Tierra Santa“ ist so etwas wie ein „Disneyland“ für Gläubige.

Zu Ostern ist Hochbetrieb.

Vor dem Eingang zum „Heiligen Land“ in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires werden die Besucher von einem römischen Statthalter in Plastik-Rüstung, einer Frau mit Schleier und einem Esel aus Gips begrüßt. Oben drüber ziehen Passagierjets im Tiefflug hinweg, denn der Park liegt in der Einflugschneise zum Inlandsflughafen. Zwischen den historischen Figuren wartet an diesem Nachmittag eine Gruppe von ungefähr 30 Menschen. Ein Mann erhebt sein Megafon und stimmt scheppernd ein Kirchenlied an, die Gruppe singt mit. Es sind Mitglieder der Gemeinde Parroquia Cristo Rey aus Buenos Aires. Die 19-jährige Ayelén Palacio gehört zu ihnen, sie erzählt: „Mit dem Besuch des Parks bereiten wir uns auf Ostern vor.“

Vor der Gruppe liegen sieben Hektar bunte Bibel- und Kirchengeschichte. „Das Heilige Land“ sieht aus wie ein Dorf in einem Religionsbuch für Kinder: Cremefarbene Häuschen im Stil des alten Jerusalems - kleine Bauten mit Flachdächern, größere mit goldenen Kuppeln, dazwischen Torbögen, dunkelgrün angemalte künstliche Palmen und weiße Kieswege. Über Ostern erwarten die Betreiber etwa 35 000 Besucher.

Erste Station auf dem Weg durch den Park ist die Schöpfung. In einer etwas muffig riechenden Höhle wird in 15 Minuten mit Bildern, bunten Lichtstrahlen und Musik die biblische Schöpfungsgeschichte erzählt. „Que lindo“, „Wie schön“, raunen viele der Zuschauer. In der ersten Reihe sitzen Kinder mit offenem Mund, dahinter Eltern und Großmütter. Auch Ayelén hat ihre „abuela“ dabei. Sie sei 83 Jahre alt, erzählt sie stolz.

Nach der Erschaffung der Welt schlendern die Besucher durch das kleine Dorf. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich. Hier Mutter Teresa, dort eine Nachbildung der Klagemauer in Jerusalem, in deren Fugen die Besucher wie beim Original kleine Zettel mit Gebeten stecken können, dazwischen grüßt sogar eine Gandhi-Figur. Eine Kapelle spielt orientalische Musik im römischen Palast, eine Bauchtänzerin fürs Ambiente darf auch nicht fehlen, Kinder mit rosa Zuckerwatte rennen vorbei.

Auf einem künstlichen Hügel am Rande des Dorfes ist die Kreuzigungsszenerie nachgestellt - mit lebensgroßen Figuren. Auf der anderen Seite des weißen Berges erhebt sich alle zwei Stunden eine 18-Meter große strahlend weiße Jesusfigur gen Himmel. Sie dreht sich ein paar Minuten und verschwindet dann wieder im Berg. Zur „Auferstehung“ versammeln sich viele Besucher am Fuß des Hügels, bekreuzigen sich, andere küssen ein Kreuz um ihren Hals. Für Ayelén ist dieses Schauspiel der Höhepunkt ihres Besuchs.

Die meisten Besucher kommen in der Osterzeit in das „Heilige Land“. Besonderes Angebot an diesen Tagen sind aufwendige Inszenierungen der Ostergeschichte: Schauspieler stellen das Letzte Abendmahl, den Kreuzweg und die Kreuzigung nach.

Solche Vorführungen zu Ostern haben in ganz Argentinien - wie in anderen Teilen der spanischsprachigen Welt - eine lange Tradition. Zu den Klassikern zählt auch die sogenannte „Verbrennung des Judas“, bei der eine große Figur, die Judas darstellen soll, durch Feuerwerkskörper über den Köpfen der Zuschauer verbrannt wird.

Neu hingegen ist der erste Kreuzweg unter Wasser, den es im Süden Argentiniens in Puerto Madryn in der Provinz Chubut gibt. Ein Priester im Tauchanzug hält mit anderen Tauchern unter Wasser einen Kreuzweg ab, der an den Strand des Ortes übertragen wird.

Ayelén wird wie der Großteil der gläubigen Argentinier die Osterwoche im Kreise ihrer Familie in ihrer Gemeinde verbringen. Sie hat bereits einen festen Plan, welche Gottesdienste sie dann besuchen will. In Gedanken wird sie dann im „Heiligen Land“ sein.

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