Zürichs „Badis“ sind ein Paradies für Wasserratten
Zürich (dpa/tmn) — Zürich ist für viele die Stadt der Banken und des Geldes. Wer käme schon auf die Idee, zum Badeurlaub in die Schweizer Metropole zu fahren? Eigentlich schade, denn nirgendwo sonst gibt es so viele See- und Flussbäder.
Zürich ist nicht nur die Stadt der Banken, sondern auch der Bäder. Oder wie die fast alles verniedlichenden Schweizer sagen: der „Badis“. Gemessen an der Einwohnerzahl hat keine Stadt der Welt eine höhere Bäderdichte, behaupten die Züricher. 25 „Badis“ zählen sie, davon allein 11 Fluss- und Seebäder entlang der Limmat und am Ufer des Zürichsees. Das schönste liegt mitten in der Stadt und feiert in diesem Jahr sein 125. Jubiläum: die Frauenbadi am Stadthauskai.
1888 wurde sie als „zweckmäßige Badeanstalt für das weibliche Geschlecht“ gebaut. „Nicht zum Schwimmen, sondern für die Körperpflege“, wie Frauenbadi-Leiterin Nathalie Schneider erklärt. Das orientalisch angehauchte Bad mit seinen verspielten Eckpavillons war damals streng abgeschirmt. Ein Dach und Holzwände schützten die Frauen vor neugierigen Blicken, nahmen ihnen aber auch das traumhafte Panorama mit Altstadt, See und Alpen. Mittlerweile ist das Dach weg, und vor dem Pavillon sonnen sich Frauen mitten in der Stadt auf einem Ponton im See — einige auch oben ohne.
Die Sitten sind lockerer geworden, Männer aber haben immer noch keinen Zutritt. Zumindest nicht tagsüber. Erst wenn sich am Abend die Frauenbadi in die Barfußbar verwandelt, dürfen auch Männer rein. Rund um den Pool hat Barfußbar-Erfinder Jonas Thiel Stühle und Tische aufgestellt. Im Hintergrund läuft dezente Lounge-Musik, es gibt kleine Gerichte, Bier und Wein. Wie der Name schon sagt, die Schuhe müssen die Gäste am Eingang ausziehen. „Aus Respekt gegenüber den Frauen laufen wir hier nicht mit Straßenschuhen über die Liegeflächen“, erklärt Thiel.
Seine Barfußbar ist zum Kultlokal avanciert. Umgeben von den Lichtern der Altstadt schaut man direkt auf die Türme des Großmünsters. Regelmäßig finden in der Bar Konzerte und Theaterveranstaltungen statt. Zum Jubiläum gibt es Kunstausstellungen und eine ganz besondere Ausnahme: An einigen Tagen dürfen Männer im Frauenbadi schwimmen. Im Pool mit Flusswasser, in dem gern auch mal Fische ihre Runden drehen, oder gleich in der offenen Limmat.
Wer Durst hat, könnte einfach einen Schluck Flusswasser trinken. Die Limmat und der Zürichsee haben Trinkwasserqualität. Neben den schönen Badeanlagen ist es vor allem das saubere Wasser, das die Züricher so magisch anzieht. Viele hüpfen vor der Arbeit oder in der Mittagspause schnell mal in den See. Nicht nur in den Badis, sondern einfach dort, wo sich ein Zugang findet. Wer es sich leisten kann, fährt mit dem eigenen Boot hinaus. Kinder und Jugendliche springen gern von Brücken in die Limmat und lassen sich einfach durch die Stadt treiben.
Beim Limmatschwimmen im August wird das Kinderspiel zum Volksfest. Dann klettern Hunderte am Frauenbadi in die Limmat, um sich bis zum Bad Oberer Letten von der zuweilen beachtlichen Strömung treiben zu lassen. „Zu gewinnen gibt es dabei nichts. Wer als Erster ankommt, ist selbst schuld“, sagt Stadtführerin Elisabeth Brem. Die Züricher wollen ihren See und den Fluss genießen und sich nicht hetzen.
Entsprechend geruhsam geht es in vielen Bädern zu. So auch im Männerbadi von 1864 am Schanzengraben. Das älteste Bad in Zürich ist bis heute tagsüber Männern vorbehalten, abends verwandelt es sich für alle in die Rimini-Bar mit Open-Air-Kino und Konzerten. Viele der traditionellen Bäder bieten auch Massagen und Wellness an. Das Seebad Enge am Mythenquai lockt mit der bekannten Sauna am See. So nobel wie in Luxushotels sind die öffentlichen Bäder aber nicht. Eines der schönsten Spas der Stadt liegt denn auch hoch über dem See. Im legendären „Dolder Grand“ schwimmt und entspannt man mit einem Traumblick auf die Stadt, den See und die Alpen.
Informationen:
Zürich Tourismus, Stampfenbachstraße 52, CH-8021 Zürich, Tel.: 0041/44/215 40 00.
Schweiz Tourismus, Rossmarkt 23, 60311 Frankfurt, Tel.: 00800/10 02 00 30.