Kälte tut den Bäumen gut
Milde Winter lassen die Pflanzen nicht zur Ruhe kommen. Als einigermaßen gesund gelten in Krefeld nur noch die Buchen.
Krefeld. Auch wenn so mancher gerne das ganze Jahr über Sonne satt und warme Temperaturen hätte, der Winter hat in unseren Breitengraden eine wichtige Erholungsfunktion für die Natur. Dauerhaft eisige Temperaturen waren bislang eher Fehlanzeige. Das hat zur Folge, dass die Pflanzen aktiv bleiben. „Der Baum atmet auch im Winter“, erläutert Stadtförster Arno Schönfeld-Simon. Die Intensität sei von der Temperatur abhängig. Je mehr der Baum aber atme und Wasser aufnehme, desto mehr Nähr- und Reservestoffe verbrauche er. „Er kommt nicht zur Ruhe.“ Was ihn weiter schwächt.
Denn der Wald in Krefeld ist schon jetzt mehr als angeschlagen. Seit mehr als 25 Jahren beobachtet die Stadt seinen Gesundheitszustand und die Tendenz lässt nichts Gutes erahnen. So schockte der jüngste Waldschadensbericht mit der Aussage, dass nur elf Prozent der untersuchten Bäume keine Schadensmerkmale aufweisen. Eine dramatische Verschlechterung zum Vorjahr, wo noch von 32 Prozent die Rede war.
Besonders die Stieleiche ist betroffen. „Sie weist ganz schlechte Werte auf, nahezu alle Bäume sind stark geschädigt“, berichtet Schönfeld-Simon. Vor allem der Verbrauch der Reservestoffe in zu milden Wintern wird hier als Ursache vermutet. Nicht viel besser geht es der amerikanischen Eiche, die eine Tendenz zur Schadstufe II aufweist. „Der einzige einigermaßen gesunde Baum ist die Buche“, ergänzt der Stadtförster. Doch das heißt lediglich, dass hier „nur“ etwa 30 Prozent in die Schadstufe I einzuordnen sind.
Eine schwierige Aufgabe für den Experten, denn der Krefelder Wald besteht hauptsächlich aus Buchen, Eichen, Schwarzerlen, Pappeln und Eschen. Auch letzteren gehe es nicht gut. „Man weiß schon gar nicht mehr, was man pflanzen soll“, zeigt sich Schönfeld-Simon betroffen. Schließlich setze die Bruchlandschaft mit ihren besonderen Anforderungen Grenzen.
In diese verfahrene Situation grätscht nun dieser zeitweise milde Winter hinein, der für die Bäume weitere Probleme birgt. Schlüpfen die Insekten zu früh, werden auch die Blätter schnell abgefressen, was den Baum noch einmal schwächt. Und, anderslautenden Meldungen zum Trotz, rechnet Schönfeld-Simon nach dem Winter durchaus mit mehr Insekten.
Der geschwächte Baum bietet letztlich die perfekte Angriffsfläche für weitere Schädlinge. So komme etwa der Pilz Hallimasch zwar auch in einem intakten Ökosystem vor, doch bei einem schwachen Baum greife er die Hauptwurzeln an. Breit mache sich zudem der Eichenprachtkäfer. Er bringe Eichen zum Absterben, so dass Schönfeld-Simon schon von einem notwendigen Sammelhieb, also einem Fällen der betroffenen Bäume, spricht.
Dass es nun endlich ein wenig kälter geworden ist, kann den Stadtförster auch nicht beruhigen. „Ich denke nicht, dass das ausreicht, weil es einfach nicht knackig kalt ist.“