Konzert: Jahrhundertstimme singt live in Krefeld

Ein wenig erschöpft, aber sehr konzentriert wirkt der spanische Startenor im Königpalast. Nach fünf Zugaben gibt es tosenden Applaus.

Krefeld. Knapp 48 Stunden nach der live im Fernsehen übertragenen Benefiz-Gala ist José Carreras im Königpalast aufgetreten. Vor rund 3000 erwartungsvollen Zuhörern, um sie in weihnachtliche Stimmung zu versetzen.

Zum Auftakt spielen die Niederrheinischen Sinfoniker unter der Leitung von David Giménez die Polonaise aus Tschaikowskys "Eugen Onegin", mit temperamentvollem Schwung und guter Tonformung. Endlich, unter tosendem Beifall, betritt er die Bühne: José Carreras, einer der besten Tenöre aller Zeiten, eine Jahrhundertstimme live in Krefeld. Ein Star ohne Allüren, zurückhaltend, uneitel und konzentriert. Aber die Strapazen der vorangegangenen Tage haben Spuren hinterlassen.

Er wirkt erschöpft, führt immer wieder sein Taschentuch an die Lippen, hüstelt leise, kaum vernehmlich, bevor die ersten Töne erklingen: "Adeste fideles", ein traditionelles Weihnachtslied zur Einstimmung in ein Programm, das mit einem weit gespannten Bogen, von den Niederrheinischen Sinfonikern und dem Knabenchor der Chorakademie Kempen angenehm zurückhaltend begleitet, durch die Musikgeschichte führt.

Nach Schuberts "Mille Cherubini in coro", in dem die klangvoll weiche, samtige Stimme ihren Zauber entfaltet, überlässt der Tenor einer jungen Sopranistin die Bühne: Rebeca Olvera, Mexikos Opernhoffnung, der zweite Star an diesem Abend, temperamentvoll und agil. Mit leichter, anmutig geführter Stimme singt sie deutsche Weihnachtslieder und Brahms’ "Guten Abend, Gute Nacht". So innig, dass mancher Zuhörer leise einstimmt.

Zu den Höhepunkten des Abends zählen die Duette "Panis Angelicus" und "The drummer Boy", indem sich Olveras heller Sopran wunderbar mit Carreras’ Tenor vereint. 50 Jahre nach dem Bühnendebüt in Barcelona hat Carreras Stimme nichts von ihrer Magie verloren.

Auch wenn er die Spitzentöne heute manchmal mit letzter Kraft in die Höhe schraubt. Nach zwei Stunden und fünf Zugaben hinterlassen Carreras und Olvera ein begeistertes Publikum, das stehend applaudiert.